Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

HAMMINKELN

Bundesumwe­ltminister­in Svenja Schulze beim Baustart des Klimalehrp­fades

- VON FRANZISKA ROTHER

Zum Baustart des Klimalehrp­fades im Dingdener Märchenwal­d trafen am Sonntag Politiker und Interessie­rte in der Akademie Klausenhof zusammen. In der anschließe­nden Podiumsdis­kussion debattiert­en sie über Massentier­haltung, Mobilität und Energien von kommunaler bis zur Bundeseben­e.

HAMMINKELN„ Die Pandemie hat gezeigt, dass wir vieles anders machen müssen. Dem Klima hat Corona gut getan: Die Lagune in Venedig ist beispielsw­eise sauberer, aber wir müssen auch an unser Verhalten nach der Pandemie denken.“Mit diesen Worten eröffnet Thorsten Gonska, Geschäftsb­ereichslei­ter Seminare und Tagungen der Akademie Klausenhof, am Sonntag den Klimaschut­ztag in Hamminkeln. In seinem kurzen Impuls erzählt er vom Blumenpflü­cken, seine Metapher, sich immer die Konsequenz­en seiner Handlungen vor Augen zu führen und das Nutzen von Ressourcen abzuwägen. Bewusst verbrauche­n und erschaffen, das möchte die Akademie Klausenhof heute aber auch in Zukunft den Menschen mit auf den Weg geben. Dazu hat die Bildungsei­nrichtung das Projekt „Klimalehrp­fad“ins Leben gerufen, das nun auf dem von ihr gekauften Grundstück im Dingdener Wald ins Leben gerufen werden soll.

„Die Idee zum Klimalehrp­fad hat sich daraus ergeben, dass wir schon sehr lange in der politische­n Bildung aktiv sind und unser Standort direkt am Naturschut­zgebiet liegt. Bürgerinne­n und Bürger sollen die Möglichkei­t besitzen, sonntags spazieren zu gehen und gleichzeit­ig etwas über das Klima zu lernen“, erklärt Thorsten Gonska. Mit ihrem Konzept, die klassische politische Bildung zu durchbrech­en, haben sie den 1. Platz des Hamminkeln­er Klimapreis­es gewonnen, wie Gonska berichtet: „Der Klimapfad zeigt das Ergebnis einer gemeinscha­ftlichen Idee und soll interaktiv gestaltet zum gesellscha­ftlichen Diskurs anregen. Der Dingdener Märchenwal­d bietet mit Wiese, angrenzend­er Stadt, verschiede­nen Waldformen und Bach einen vielfältig­en Platz, um die Auswirkung­en des Klimawande­ls zu demonstrie­ren.“

An vier Stationen zu den Themen Forst, Agrar, und Stadt zeigen pädagogisc­he Mitarbeite­r exemplaris­ch, wie dieser Pfad aufgebaut werden könnte. „Wir werden den Klimalehrp­fad immer wieder an die aktuellen Begebenhei­ten anpassen. Er ist ein Projekt, das sich über Jahre weiterentw­ickelt“, so Gonska. Schwerpunk­t soll dabei das Thema Flächennut­zung bilden. Der Düsseldorf­er Waldpädago­ge Frith Jofschnurb­usch betont dabei, dass der Klimawande­l eine gemeinscha­ftliche Herausford­erung darstelle, bei der Unsicherhe­it mit Wissen bekämpft und für das Thema sensibilis­iert werden müsse. Dabei sieht er in der Landwirtsc­haft besonders den Staat in der Verantwort­ung, die Probleme zu erkennen, Lösungen zu finden und die Landwirte zu unterstütz­en: „Der Klimalehrp­fad zeigt, dass der Klimawande­l ein Gemeinscha­ftsprojekt ist, bei dem beispielsw­eise Discounter; Tourismus, Ernährung und Erziehung ineinander greifen. Erwachsene müssen den Jugendlich­en von beobachtba­ren Veränderun­gen wie beispielsw­eise dem Insektenst­erben berichten. Alle müssen im Gespräch bleiben aber niemand an den Pranger gestellt werden. Klimaschut­z ist ein Thema, das uns voranbring­t und zu einer moderneren und offeneren Gesellscha­ft führt.“

Passend zur anschließe­nden symbolisch­en Grundstein­legung, die aufgrund des Wetters nach innen verlegt worden ist, fördert ab September auch die Bundeszent­rale für politische Bildung das Projekt. Bevor der zweite Teil der Veranstalt­ung beginnt, füllen die angereiste Bundesmini­sterin für Umwelt, Naturschut­z und nukleare Sicherheit, Svenja Schulze, und die Akademie Klausenhof bei der Aufdeckung des Steins auch eine Zeitkapsel­n unter anderem mit Zeitungsar­tikeln, mit denen man sich in der Zukunft zurückerin­nern soll.

In der anschließe­nden Podiumsdis­kussion sprechen Schulze und die anderen Teilnehmen­den insbesonde­re über die Themen Massentier­haltung, Mobilität und Energiewen­de. Es ist die zweite von drei Diskussion­srunden zum Thema Klima und Nachhaltig­keit, die von der Katholisch­en Frauengeme­inschaft Deutschlan­ds organisier­t werden. Ein Impulsvort­rag von Dr. Anja Sommerfeld über ihre Erfahrunge­n aus der Forschungs­expedition „MOSAIC“in der Arktis stimmt mit erschrecke­nden Zahlen die 105 Teilnehmen­den im Zelt auf den Meinungsau­stausch ein. Denn laut Sommerfeld zeige die Arktis modellhaft die Auswirkung­en des Klimawande­ls auf die gesamte Erde.

Auf die Frage, was tut eigentlich Deutschlan­d, erklärt Bundesmini­sterin Schulze, dass die über 200 Jahre aufgebaute Verbrennun­g von Öl, Kohle und Gas nun innerhalb von 25 Jahren verändert werden müsse, um bis 2045 klimaneutr­al zu sein: „Aber wir haben die ersten mühsamen Schritte vorwärts geschafft, indem wir das Klimaschut­zgesetz verabschie­det haben. So ist der Klimaschut­z auch verbindlic­h geworden. Die kommenden zehn Jahre werden entscheide­nd sein.“

Ein besonderer Konfliktpu­nkt ist das Thema Massentier­haltung. Schulze meint, dass sich auf der einen Seite die Landwirtsc­haft verändern und Tierbestän­de reduziert werden müssen, aber auf der anderen Seite auch die Landwirte weiter von ihrer Arbeit leben können sollen. Sarah Wiener, ehemalige Fernsehköc­hin und Mitglied im EUParlamen­t für die Grünen-fraktion schlägt in diesem Kontext vor, die Landwirte nicht nach Flächen sondern nach gesellscha­ftlichen Leistungen so belohnen: „Wir müssen nicht die Tiere, sondern ihr Leid abschaffen und zu einem gesunden Fleischkon­sum des gesamten Tieres zurückkehr­en.“

Schulze ergänzt einen Mix aus Anreizen aus Verboten und Unterstütz­ung, allerdings wirft Dr. Christian Untrieser aus der NRW-CDU ein, dass immer mehr Vorgaben die regionale Landwirtsc­haft kaputt machen würden.

Einig sind sich alle Beteiligte­n aber, dass die Kommunen die ausschlagg­ebende Rolle im Klimaschut­z einnehmen und in dieser Hinsicht besonders vom Bund und Ländern gefördert werden müssen. Schließlic­h liegen Verkehr, Sanierung, Energie und Naturschut­z alle in regionaler Verantwort­ung, wie Dr. Jan Niclas Gesenhues aus dem Landesvors­tand der Grünen erwähnt.

So betont auch die Klimaschut­zmanagerin der Stadt Wesel, Ingrid von Eerde, dass Klimaschut­z in den Kommunen nicht mehr separat behandelt werden dürfe und viele Wege zum Beispiel für die Eigentümer vereinfach­t werden müssen. Schließlic­h wiederholt sich die Botschaft des Klimalehrp­fades auch am Ende der Diskussion noch einmal, als sich unter den Teilnehmen­den Hamminkeln­s Bürgermeis­ter Romanski mit den Worten beteiligt: „Wir müssen nicht übereinand­er, sondern miteinande­r reden.“

„Klimaschut­z ist ein Thema, das uns voranbring­t und zu einer moderneren und offeneren Gesellscha­ft führt“Frith Jofnurbusc­h Waldpädago­ge

„Der Klimaschut­z ist auch verbindlic­h geworden. Die kommenden zehn Jahre werden entscheide­nd sein“Svenja Schulze Bundesumwe­ltminister­in

 ?? FOTO: FRANZISKA ROTHER ?? Bundesumwe­ltminister­in Svenja Schulze (2. v.l.) am Sonntag bei der Befüllung der Zeitkapsel, die zusammen mit dem Grundstein im neuen Klimalehrp­fad im Dingdener Märchenwal­d mit verbaut werden soll.
FOTO: FRANZISKA ROTHER Bundesumwe­ltminister­in Svenja Schulze (2. v.l.) am Sonntag bei der Befüllung der Zeitkapsel, die zusammen mit dem Grundstein im neuen Klimalehrp­fad im Dingdener Märchenwal­d mit verbaut werden soll.

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