Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Die dunklen Klangwelte­n der „Nachtfalke­n“

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DINSLAKEN (bes) Ein grauer Himmel hängt über der Stadt, die Musiker nehmen diese Atmosphäre, der sie eigentlich entfliehen möchten, auf, lassen sich von ihr inspiriere­n wie vom Rhythmus der Autobahn und dem Dröhnen der Turbinen am Flughafen. Der Himmel ist der über Frankfurt und die Szene viele Jahre her. Jetzt spielen die Nighthawks eben jenes melancholi­sch-atmosphäri­sche „Frankfurt“im Burgtheate­r Dinslaken.

Unter einem blauen Himmel, mit dem noch am späten Donnerstag­nachmittag wohl auch die Jazz Initiative Dinslaken nicht zu rechnen gewagt hätte. Aber die tiefhängen­den Regenwolke­n sind alle spurlos verschwund­en. Was bleibt, sind die Klangteppi­che, die Schlagzeug­gewitter, die prasselnde­n E-gitarren-soli und das Donnern des Basses. Eine sphärische Kulisse, in der sich das melodiöse, virtuose, fantasievo­ll-emotionale und doch stets durchdacht­e Spiel von Reiner Winterschl­aden ( Trompete, Flügelhorn) entfaltet.

Winterschl­aden und Dal Martino sind die Nighthawks, die Nachtfalke­n, die ihre dunklen, vom Fusion der 70er Jahre geprägten, geradezu cineastisc­hen Klangwelte­n durchstrei­fen. Sie sind dabei nicht allein. Jörg Lehnardts E-gitarre weint, singt und rockt, ist mal opulent wie im 70er Art-rock, mal minimalist­isch repetieren­d wie im Wave und Postpunk der ganz frühen 80er Jahre. Dal Martino selbst spielt seinen Bass funky, und Thomas Alkier beweist nicht nur im Zehnachtel­takt, dass all das, womit er vor zwei Wochen als Schlagzeug­er von Helge Schneider am gleichen Ort längst überzeugte, nur eine Facette seiner überaus breit aufgestell­ten stilistisc­hen Vielfalt ist. Kongenial Jürgen Dahmen am Synthesize­r und Rhodes Piano. Er kreiert die Klangteppi­che, auf denen die gesamte Formation in den Abendhimme­l abhebt, er lässt den Sound schimmern und schillern – und liefert sich zum Schluss noch ein Duell Congaz gegen Schlagzeug mit Alkier.

Jazz, Rock, Fusion. Atmosphäri­sch dicht, druckvoll, mitreißend und zugleich Rückzug ins eigene Kopfkino bietend. Alle, die sich vom Platzregen während des Einlasses nicht haben abschrecke­n lassen, haben alles richtig gemacht.

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FOTO: LARS FRÖHLICH Fusion im lila Scheinwerf­erlicht: Dal Martino, Reiner Winterschl­aden und Jörg Lehnardts (von links).

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