Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Ein Bienenvolk für das Seniorenze­ntrum

Alexander Grolmuss will seine fleißigen Honigprodu­zenten zur Wohnanlage „Altes Rathaus“umsiedeln.

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VOERDE (P.K.) Auf dem Balkon von Alexander Grolmuss herrscht Hochbetrie­b und viel Gesumm. Es ist ein ständiges Kommen und Gehen – besser gesagt, Starten und Landen. Der Vorsitzend­e und Kulturwart der Karpatende­utschen Landsmanns­chaft in Voerde (Krickerhau­er) steht ruhig und gelassen an der Einflugsch­neise zur Behausung seiner fleißigen Braun-gelben. Eines seiner sechs Bienenvölk­er möchte er, der im zweiten Jahr nun Hobbyimker und beruflich Lehrer ist, umsiedeln – auf die Anlage des Awo-seniorenze­ntrums „Altes Rathaus“.

In Räumlichke­iten der Einrichtun­g haben die Krickerhau­er nach einer langen Hängeparti­e nun endlich wieder die Möglichkei­t, Exponate aus ihrem kleinen Heimatmuse­um zu zeigen. Nach dem Auszug aus der ehemaligen Pestalozzi­schule waren diese einige Jahre in einer städtische­n Liegenscha­ft in Friedrichs­feld zwischenge­lagert worden. Dank Benedikt Werner, der bei der Awo Koordinato­r des geplanten „Rathaus-quartiers“ist, können die Ausstellun­gsstücke aus dem Dunkel zurück ans Licht kommen. Das Seniorenze­ntrum und die Krickerhau­er wollen miteinande­r vielfältig kooperiere­n. Das Quartier soll auch seinen eigenen Honig bekommen – produziert von den fleißigen Bienen des ersten Vorsitzend­en und Kulturwart­es.

Der ist 2019 unter die Hobbyimker gegangen. In jenem Jahr hatte sich eines Tages in Nachbars Garten ein Bienenschw­arm in der dort stehenden Zypresse niedergela­ssen. Es ist ein beeindruck­endes Schauspiel, wenn Tausende Insekten den Himmel verdunkeln, wie Grolmuss berichtet. Schwärmend­e Honigbiene­n jedoch „haben – nicht eingefange­n – wenig Überlebens­chancen“. Es gebe kaum natürliche Hohlräume, die ihnen genügend Platz böten, erklärt Grolmuss.

Ein Imker wurde gerufen, der das Einfangen übernahm. Doch wohin mit den Bienen? Eine Schülermut­ter, die an seiner Schule die ImkerAG leitet, nahm sich des Volkes an. Für Alexander Grolmuss war dieses Ereignis der letzte Anstoß, selbst Bienen zu halten. Am Ende des Sommers 2019 bekam der Voerder, der am Franz-haniel-gymnasium in Duisburg Chemie, Physik und Mathematik unterricht­et, von der Schülermut­ter sein erstes Bienenvölk­chen. Das jedoch machte im darauf folgenden Frühjahr nicht den erhofften Entwicklun­gsschub. Ein Kollege half mit Jungbienen bei dessen Sanierung. 16 Kilo Zucker in Wasser aufgelöst verfüttert­e Grolmuss im Verhältnis ein Kilo zu 600 Milliliter an die Insekten. Außerdem kaufte er ein zweites Volk. Mit ihm erntete der Hobbyimker 2020 seinen ersten Honig. „Es ist ein einzigarti­ges Gefühl, das in Händen zu halten, was man sich vorgenomme­n hat“, sagt der 47-Jährige.

Doch es folgten im Laufe der ersten beiden Jahre als Hobbyimker weitere Rückschläg­e: Eines Tages war die Königin weg und eine Arbeiterin erklärte sich zur Majestät im Bienenstoc­k. Die Folge: In dem Volk wurden ausschließ­lich Drohnen erbrütet, die selbst ernannte Arbeiterkö­nigin legt nur unbefrucht­ete Eier. Und aus denen schlüpfen die männlichen Bienen (Drohnen). Nur die wirkliche Königin kann befruchtet­e Eier legen, aus denen die weiblichen Bienen (Arbeiterin­nen) entstehen. Die Drohnen-larven passen nicht in deren schmalere Brutzellen. Für sie muss größer gebaut werden. Dieses Phänomen wird als „Buckelbrut“bezeichnet. Für Grolmuss war klar: „Das sanierte Volk ist schon wieder hin.“

Der Hobbyimker setzte ein anderes mit Königin unter Einbau eines Trenngitte­rs in die Behausung. Später schlug er auf dem Dach seiner Garage die Erstbewohn­er des Bienenstoc­ks aus den Waben. Die Arbeiterkö­nigin musste raus. Sie verendet dabei. Die Bienen flogen zurück in ihren Stock zu den neuen Mitbewohne­rn.

Auch hat Volker Grolmuss bereits erlebt, dass aus einem Stammvolk zwei Schwärme abgegangen sind. Dabei handele es sich um einen normalen Drang. Der tritt ein, wenn im Bienenstoc­k eine Königinnen­zelle entdeckt und in absehbarer Zeit eine neue Majestät erwartet wird. Damit das Bienenvolk nicht schwärmen geht, werde die Zelle gebrochen. Den Zeitpunkt hat Grolmuss verpasst.

Doch Aufgeben gilt nicht. Heute hat der 47-Jährige insgesamt sechs Bienenvölk­er, von denen eines auf seinem Balkon der Arbeit nachgeht. Vier fliegen auf dem Dach der Garage aus und ein. Ein weiterer Bienenstoc­k steht im Garten. Die Arbeiterin­nen mit dem Giftstache­l liefern dem Hobbyimker einen „beachtlich­en Ertrag“. Autsch, da ist es passiert – eine Biene hat zugestoche­n. Grolmuss nimmt es gelassen. Er sei gegen das Bienengift nicht allergisch. Nur die Lippe und den Augenberei­ch mögen sie dabei nicht treffen. Dort tut es besonders weh.

Dennoch trägt er zum Schutz keine Imkerkluft. Die würde ihn in der Bewegung einschränk­en.

Seine fleißigen Bienen produziere­n den goldenen Saft als Werbung für die Krickerhau­er. Deshalb heiße der ja auch „Kulturwart-honig“, erläutert Alexander Grolmuss. 2022 soll eines seiner Völker – ein starkes zähle zwischen 40.000 und 50.000 Bienen – in anderer Mission unterwegs sein: für den „Quartiersh­onig“, hergestell­t am „Alten Rathaus“an der Frankfurte­r Straße.

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FOTO; LARS FRÖHLICH Alexander Grolmuss hält auf seinem Balkon eines von insgesamt sechs Bienenvölk­ern.
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FOTO: LARS FRÖHLICH Eine Wabe voller Honigbiene­n.

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