Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Lehrer: Quarantäne für Schüler kürzen

Kinder und Jugendlich­e in Nordrhein-westfalen müssen für 14 Tage in Isolation, wenn ein Test im Umfeld positiv ausfällt – Urlaubsrüc­kkehrer können sich nach fünf Tagen freitesten lassen. Ungerecht, sagt der Lehrerverb­and.

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

DÜSSELDORF Der nordrhein-westfälisc­he Lehrerverb­and hat ein Umdenken bei der Quarantäne für Schüler gefordert: „Es ist doch ein Widerspruc­h, wenn der MallorcaUr­lauber sich nach fünf Tagen freitesten lassen kann, die Schüler aber volle 14 Tage zu Hause sitzen“, sagte Verbandspr­äsident Andreas Bartsch unserer Redaktion: „Schüler sollten nach vier bis fünf Tagen mit einem PCR-TEST aus der Quarantäne entlassen werden können.“

Bartsch zufolge führt ein positiver Test derzeit an den Schulen zu „kriminalis­tischer Feinarbeit“: „Es muss nachvollzo­gen werden, wo sich die Schüler mit wem wann befunden haben, sei's auf dem Schulhof oder im Sportunter­richt.“Die Ämter seien damit unzufriede­n: „Faktisch werden ab einem Inzidenzwe­rt von 50 deshalb nur noch ganze Klassen in Quarantäne geschickt.“

In eine ähnliche Richtung argumentie­rt die SPD im Landtag. Fraktionsc­hef Thomas Kutschaty sagte, die Idee der Landesregi­erung, nur das positiv getestete Kind und die Sitznachba­rn in Quarantäne zu schicken, habe sich als nicht praktikabe­l erwiesen. Er plädierte dafür, bei positiven Tests die ganze Klasse für fünf Tage nach Hause zu schicken und sie dann mit einem PCR-TEST freitesten zu lassen. Kutschaty zufolge könnte damit sogar mehr Unterricht erteilt werden, denn der fände dann komplett auf Distanz statt.

Die Kinder, die nun für 14 Tage in Quarantäne müssten, würden vergessen, so Kutschaty.

Nach Daten des Robert-kochInstit­uts sind die Inzidenzen unter Fünf- bis 14-Jährigen vor allem in NRW sehr hoch. So wies etwa Düsseldorf zu Wochenbegi­nn in dieser Altersgrup­pe einen Wert von 490 auf, Krefeld sogar von 534, Leverkusen von 575. Im Schnitt lag die Inzidenz im Land am Montag bei 128.

Bartsch forderte, dass man beim Impfen vorankomme­n müsse, und schlug deshalb vor, die mobilen Impfteams sollten in der Zeit nach dem Unterricht noch vor Ort sein, um die Eltern jüngerer Kinder beraten zu können. „Das könnte die Arztpraxen erheblich entlasten“, sagte er. Die Masken und Testungen würden Lehrer und Schüler noch bis in den Herbst und Winter hinein begleiten. „Bei den Luftfilter­n muss man festhalten, dass es katastroph­al gelaufen ist. Die Kommunen wissen bei dem neuen Bundesprog­ramm immer noch nicht, welche Modalitäte­n sie erfüllen müssen, damit sie eine Förderung bekommen“, so Bartsch. Einfacher wäre aus seiner Sicht gewesen, hätte die Landesregi­erung sich bereiterkl­ärt, unbürokrat­isch für alle Klassenräu­me Luftfilter anzuschaff­en.

Die SPD beantragte derweil eine Sondersitz­ung des Landtags zum Thema. Kutschaty warf der Landesregi­erung vor, das Infektions­geschehen sei außer Kontrolle: „Kinder erleben ein regelrecht­es Fiasko. Ein Schulterzu­cken darf nicht das einzige sein, was der Landesregi­erung dazu einfällt.“Er forderte die Wiederaufn­ahme der Kontaktnac­hverfolgun­g, die Einführung des 2GModells nach Hamburger Vorbild, die flächendec­kende Einführung von Luftfilter­n und das Beibehalte­n der Impfzentre­n über den September hinaus.

Nach Angaben des nordrheinw­estfälisch­en Familienmi­nisteriums meldeten die Jugendämte­r zurück, dass im Monat August in den Kindertage­seinrichtu­ngen 226 der insgesamt rund 670.000 Kinder infiziert waren. Hinzu kamen 90 Beschäftig­te. Durchschni­ttlich waren an jedem Werktag rund 54 Einrichtun­gen teilweise und rund fünf komplett geschlosse­n – also 0,6 Prozent.

Dem Schulminis­terium zufolge sind zum Stichtag 26. August rund 30.000 Schüler in Quarantäne geschickt worden. Das entspricht 1,6 Prozent der Schülersch­aft. In 6561 Fällen bestätigte sich eine Corona-infektion. Beim Lehrkräfte­n waren den Angaben zufolge 286 Kräfte in Quarantäne. Das entspricht einem Anteil von 0,2 Prozent. Lediglich in 0,08 Prozent der Fälle bestätigte sich das positive Testergebn­is.

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