Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Linke wirft Seehofer Verlogenheit vor
BERLIN Die verheerende Lage in Afghanistan nach der Machtübernahme der militant-islamistischen Taliban bringt in Deutschland die Debatte über mögliche Fluchtbewegungen weiter in Gang. Bereits am Wochenende hatte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) angekündigt: „Wir werden alles daransetzen, um den unkontrollierten Zuzug von Migranten nach Europa zu verhindern.“Notfalls würden die Kontrollmaßnahmen an den deutschen Grenzen verschärft.
Dieser Vorstoß rief bei der Linkspartei nun scharfen Widerspruch hervor. „Das zeigt die Verlogenheit dieser Politik: Der gescheiterte Krieg zwingt unzählige Menschen zur Flucht. Aber vor den Folgen des eigenen Handelns will man sich mit aller Macht abschotten“, sagte Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, die für die Themen Flucht und Migration zuständig ist. Seehofers Haltung verstoße nicht nur gegen die Grundsätze der Humanität und Solidarität, sondern auch gegen den Kern des internationalen Flüchtlingsrechts, so Jelpke weiter. Schutzsuchende dürften „nicht einfach so“an den Grenzen zurückgewiesen werden. „Das ist schlicht illegal, auch wenn es an den Eu-außengrenzen leider immer wieder passiert“, kritisierte die Linken-politikerin. „Anstatt Drohszenarien herbeizufantasieren, sollte es um Verantwortungsübernahme und humanitäre Hilfe gehen. Es geht hier um Menschen in Not, die Zugang zu fairen Asylverfahren erhalten müssen“, sagte sie.
Auch die Grünen kritisierten Seehofer scharf und mahnten mehr Demut an. „Jetzt im Kontext der Afghanistan-krise mögliche Migrationsbewegungen zu thematisieren, ist völlig unangemessen“, sagte die innenpolitische Sprecherin der Grünen-fraktion, Irene Mihalic: „Außerdem sollte Herr Seehofer einmal mit der Bundespolizei sprechen, bevor er sie verplant.“Mihalic verwies auf die Gewerkschaft der Polizei (GDP) für die Bundespolizei, die „klipp und klar“gesagt habe, dass die Voraussetzungen für solche Kontrollen nicht gegeben seien. „Es wird dem Bundesinnenminister nicht gelingen, damit vom Versagen der Bundesregierung und auch seines Hauses abzulenken“, so Mihalic. Die Bundesregierung und auch der Bundesinnenminister hätten die Menschen in Afghanistan zu einer Zeit „im Stich gelassen“, als man noch hätte handeln können.
„Schutzsuchende an den Grenzen zurückzuweisen, ist schlicht illegal“Ulla Jelpke Die Linke