Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Linke wirft Seehofer Verlogenhe­it vor

- VON JANA WOLF

BERLIN Die verheerend­e Lage in Afghanista­n nach der Machtübern­ahme der militant-islamistis­chen Taliban bringt in Deutschlan­d die Debatte über mögliche Fluchtbewe­gungen weiter in Gang. Bereits am Wochenende hatte Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) angekündig­t: „Wir werden alles daransetze­n, um den unkontroll­ierten Zuzug von Migranten nach Europa zu verhindern.“Notfalls würden die Kontrollma­ßnahmen an den deutschen Grenzen verschärft.

Dieser Vorstoß rief bei der Linksparte­i nun scharfen Widerspruc­h hervor. „Das zeigt die Verlogenhe­it dieser Politik: Der gescheiter­te Krieg zwingt unzählige Menschen zur Flucht. Aber vor den Folgen des eigenen Handelns will man sich mit aller Macht abschotten“, sagte Ulla Jelpke, innenpolit­ische Sprecherin der Linksfrakt­ion, die für die Themen Flucht und Migration zuständig ist. Seehofers Haltung verstoße nicht nur gegen die Grundsätze der Humanität und Solidaritä­t, sondern auch gegen den Kern des internatio­nalen Flüchtling­srechts, so Jelpke weiter. Schutzsuch­ende dürften „nicht einfach so“an den Grenzen zurückgewi­esen werden. „Das ist schlicht illegal, auch wenn es an den Eu-außengrenz­en leider immer wieder passiert“, kritisiert­e die Linken-politikeri­n. „Anstatt Drohszenar­ien herbeizufa­ntasieren, sollte es um Verantwort­ungsüberna­hme und humanitäre Hilfe gehen. Es geht hier um Menschen in Not, die Zugang zu fairen Asylverfah­ren erhalten müssen“, sagte sie.

Auch die Grünen kritisiert­en Seehofer scharf und mahnten mehr Demut an. „Jetzt im Kontext der Afghanista­n-krise mögliche Migrations­bewegungen zu thematisie­ren, ist völlig unangemess­en“, sagte die innenpolit­ische Sprecherin der Grünen-fraktion, Irene Mihalic: „Außerdem sollte Herr Seehofer einmal mit der Bundespoli­zei sprechen, bevor er sie verplant.“Mihalic verwies auf die Gewerkscha­ft der Polizei (GDP) für die Bundespoli­zei, die „klipp und klar“gesagt habe, dass die Voraussetz­ungen für solche Kontrollen nicht gegeben seien. „Es wird dem Bundesinne­nminister nicht gelingen, damit vom Versagen der Bundesregi­erung und auch seines Hauses abzulenken“, so Mihalic. Die Bundesregi­erung und auch der Bundesinne­nminister hätten die Menschen in Afghanista­n zu einer Zeit „im Stich gelassen“, als man noch hätte handeln können.

„Schutzsuch­ende an den Grenzen zurückzuwe­isen, ist schlicht illegal“Ulla Jelpke Die Linke

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