Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
„Die Zerstörung der Lebensräume setzt den Eulen zu“
INTERVIEW HARALD FIELENBACH Der Niederrhein ist zu einem „Eulen-land“geworden. Wie es um die Population vor Ort bestellt ist, berichtet der Vorsitzende des Naturschutzbundes (Nabu) in Moers und Neukirchen-vluyn.
Herr Fielenbach, was fasziniert Sie an Eulen?
Mich persönlich fasziniert an Eulen die nächtliche Lebensweise und das Geheimnisvolle, das die Tiere mitbringen. Ihr geräuschloser Flug, die besondere Körperform und ihre kulturelle Verbindung mit Weisheit. Besonders sind auch ihre starren Augen, die sie nicht bewegen können. Daher müssen Eulen ihren ganzen Kopf bewegen, um sich umzusehen.
Welche Eulenarten gibt es hier am Niederrhein?
Wir haben in Moers und Neukirchen-vluyn den Waldkauz, die Waldohreule, den Steinkauz und die Schleiereule. Die Sumpfohreule ist nur temporär bei uns und brütet hier nicht. Der Uhu ist zwar im Kreis Wesel vorhanden, aber hier bei uns ist keine örtliche Population bekannt.
Wie steht es um unsere Eulen?
In Moers und Neukirchen-vluyn haben wir relativ stabile Populationen. Aber alle Eulenarten sind gefährdet und daher streng geschützt. Der Niederrhein inklusive Moers und Neukirchen-vluyn ist sogar ein Verbreitungsschwerpunkt des Steinkauzes.
Was setzt den Eulen zu?
Die Zerstörung der Lebensräume, aber auch Nahrungsmangel durch Monokulturen, Gifteinsatz und schwindende Biodiversität. Dann Verluste durch Windkrafträder und vor allem durch den Straßenverkehr. Letzterem fallen besonders viele Schleiereulen zum Opfer, da diese oft dicht über dem Boden jagen. Hinzu kommen natürliche Feinde wie Marder und vor allem Freigängerkatzen, aber auch invasive Tierarten wie der Waschbär. Des Weiteren sind extreme Hitze oder verregnete Monate im Sommer und extreme Kälte mit Schnee im Winter ein Problem. Auch fehlende Nistmöglichkeiten setzen den Tieren zu. So wurden früher Scheunen mit einem Eulenflug angelegt, wodurch Bauer und Eule einander halfen. Eine Bejagung hingegen ist heute kaum noch vorhanden und daher kein strukturelles Problem.
Wie genau sieht Eulenschutz aus? Was macht man da so?
Unsere Schutzbemühungen umfassen vor allem das Bereitstellen und die Pflege geeigneter Nisthilfen in Form von Kästen, aber auch die politische Einflussnahme auf die Rettung geeigneter Lebensräume, die Betreuung der Habitate durch Baumschnitt, extensive Beweidung oder gar den Ankauf von Naturflächen. Dazu ge
hört aber auch die Information der Bevölkerung sowie die Versorgung kranker, verletzter oder auch verwaister Tiere.
Wie viele Nisthilfen werden vom Nabu betreut?
Circa 80 Steinkauzkästen, 30 Schleiereulenkästen, 20 Waldkauzkästen und einige Weidennistkörbe für Waldohreulen.
Gehen dann bei insgesamt mehr als 130 Nisthilfen die relativ stabilen Verhältnisse beim Eulenbestand vor Ort auf das ehrenamtliche Engagement des Nabu zurück?
Das kann man so sagen, ja. Ohne den Einsatz des Nabu zum Beispiel beim Steinkauzschutz hätten wir so gut wie keine Steinkäuze mehr.
Können auch einzelne Bürger den Eulen helfen?
Ja, ich habe 2015 einen Eulenkasten an meinem Privathaus angebracht. Irgendwann Anfang dieses Jahres habe ich dann die erste Schleiereule gesichtet. Ich dachte erst, es sei ein einzelnes Tier und wurde positiv überrascht. Jetzt habe ich unterm Dach ein Schleiereulenpaar mit sieben Küken.