Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Rheindorf mit inneren Werten
Die Kommission von „Unser Dorf hat Zukunft“war in Götterswickerhamm. Beeindrucken konnte das Rheindorf mit Kampfgeist.
Die Kommission von „Unser Dorf hat Zukunft“war in Götterswickerhamm. Beeindrucken konnte das Rheindorf mit Kampfgeist.
Kurz bevor die Wertungskommission im Reisebus vorm Dorfgemeinschaftshaus anrückte, brach strahlender Sonnenschein durch die gepufften Wolken, und das war doch schon mal was. Da glitzerte der Fluss, da leuchtete die Kirche. Kurz darauf stand Dorf-vertreterin Anneliese Rühl auf dem Leinpfad am Rheinufer und berichtete vom bisher wohl größten Triumph der Götterswickerhammer: Ihrem erfolgreichen Widerstand gegen die Hochwasserschutzmauer. „Genau hier, ein paar Meter entfernt“, deutete Rühl vor sich: Da hätte die panoramavernichtende Barriere hinkommen sollen, hätten die Einwohner sich nicht so entschlossen dagegen gewehrt.
Die Wertungskommission des Wettbewerbs „Unser Dorf hat Zukunft“war am Dienstagnachmittag in Götterswickerhamm. Die Truppe flanierte durchs Dorf und vorbei am Schützenhaus, würdigte eine Stele des Geschichtspfads, zollte Anerkennung für Götterswickerhamms allerschönste Seite, nämlich das Rheinufer, und ließ sich vom Büchertauschschrank erzählen.
Es gab Fragen nach Fahrradfahrern (es gibt viele) und beim Gang durch den Ort Lob dafür, wie pittoresk alles sei. Ebenso für die Gastronomie im schönen Ambiente: „Sie haben ja eine richtige Perlenkette an Ausflugslokalen.“Aber: Nein, verneint Rühl, leider keine Hotels.
Zuvor hatte es im Dorfgemeinschaftshaus für die Besucher geballte Information gesetzt. Die Arbeitsgemeinschaft „Unser Dorf hat Zukunft Götterswickerhamm“, deren Vorsitzende Anneliese Rühl ist, hatte zusammengetragen, womit der Ort sich auszeichnet. Zusammenhalt und streitbares Mitmischen in Lokalpolitik und Stadtverwaltung. Vereinsleben, kulturelle Initiativen, Naturschutz, Erhalt historischer Werte.
Von den Mitgliedern der Kommission kamen forschende Fragen: Ob es angesichts der mäßigen Anbindung an den Öffentlichen Nahverkehr Alternativen gebe? Eine Mitfahrer-bank? Einen Bürgerbus? An dieses Thema wolle man noch mal ran, stellten die Dorfvertreter und
Bürgermeister Dirk Haarmann in Aussicht. „Voerde ist in der Haushaltssicherung gewesen“, erklärte Haarmann. Deshalb hätte die Kommune für mögliche Verluste, und seien sie auch gering, nicht bürgen dürfen. Aber jetzt sind die Vorzeichen anders: „Vielleicht können wir das noch mal aktivieren.“
Der Bürgermeister beschrieb den Geist der Menschen in Götterswickerhamm. In Leader-projekten seien sie immer besonders engagiert, „auch, wenn's schwierig wird“. Da war da die Sache mit der verhinderten Hochwasserschutzmauer. Die Rettung der Kirche mit ihrer über tausendjährigen Geschichte. Vor 30 Jahren drohte das Gotteshaus einzustürzen, dank des Fördervereins ist sie jetzt gesichert und ein Ort für Kultur. Und nicht zuletzt die Gründung der Interessengemeinschaft „Big Rheindörfer Götterswickerhamm, Löhnen, Mehrum“: entstanden in einem Konflikt der Orte mit der Stadt, geblieben als engagierte Institution. Das seien Dinge, „die zeigen, welche starke Kraft hier doch in der Dorfgemeinschaft steckt“.
So war für Markus Rissel, dem Vorsitzenden der Big Rheindörfer, später auch klar, womit Götterswickerhamm die Gäste am meisten beeindruckt haben dürfte: „Mit der sozialen Komponente“, sagte er. „Und das Kulturelle – das macht Götterswickerhamm stark.“Dass es auch für den Wettbewerbssieg reicht, darauf kommt es zumindest Anneliese Rühl nicht an. „Was wir nicht haben, ist ein Leuchtturmprojekt“, ordne
te sie ein. „Goldmedaillengewinner sind Dörfer, die einen Dorfplatz eingerichtet oder einen Dorfladen haben.“Und beides hat Götterswickerhamm ja erst noch vor, wenn es mit Planung und Finanzierung klappt. Aber: Mit dem Wettbewerb könne das Dorf sich im Gespräch halten. Vielleicht ein Preisgeld ergattern, um wieder ein Projekt voranzubringen. Und die Götterswickerhammer können sich vor Augen halten, was sie schon alles geschafft haben – ob mit oder ohne Medaille.