Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Eine Einigung ist in Sicht

Die Stadt und Landwirte haben im Streit um den geplanten Wirtschaft­swegeverba­nd einen Kompromiss ausgehande­lt. Die Kosten sollen gedeckelt bleiben, die Betroffene­n sind zudem mehr in den Gremien vertreten. Alle Hintergrün­de.

- VON THOMAS HESSE

HAMMINKELN Nach der aufgeregte­n Debatte um den Wirtschaft­swegeverba­nd und der Kritik von Betroffene­n an Verfahren und Kosten stehen die Ampeln für die Gründung nun auf Grün. Wie berichtet, hatten sich Verwaltung und Ortslandwi­rte sowie Kreisbauer­nschaft am Dienstag an einen Tisch gesetzt. Am Mittwoch meldeten sie dann, dass sie einen Kompromiss gefunden haben.

Zuletzt spielte die Kostenfrag­e die Kernrolle. Dafür vereinbart­en die beteiligte­n Parteien eine Lösung, die den jährlichen Beitrag der Verbandsmi­tglieder auf zehn Jahre deckelt – und zwar auf die bisher genannten 27 Euro pro Hektar Fläche. Der Verband selbst soll eine Laufzeit von 20 Jahren haben.

Formell ist in Sachen Gremien vereinbart worden, dass die Landwirte die Mehrheit stellen. Dies wird in einer Satzung geregelt, inhaltlich wird die Konstrukti­on aber erst noch vom Kreis Wesel rechtlich geprüft. Der Verbandsvo­rstand versammelt 15 Ehrenamtli­che aus allen Ortsteilen, deren Anzahl pro Dorf nach der landwirtsc­haftlichen Fläche berechnet wird. Hamminkeln, Brünen und Dingden erhalten je drei Sitze, die anderen Dörfer je einen.

Wie erfolgreic­h die Verhandlun­gen waren, das ist erst am Freitag abzusehen. Dann, und am Gründungst­ag des Verbandes am 5. Oktober, wollen Gegner auftreten. Bürgermeis­ter Bernd Romanski und Beigeordne­ter Robert Graaf, die lange für den Wegeverban­d geworben haben, sind erstaunt über den plötzliche­n Widerstand. Den Kritikern hielt Romanski entgegen: „Was wäre die Alternativ­e, außer dass der Staat alles bezahlen soll?“

Fakt sei, so der Bürgermeis­ter weiter, dass viele Wege sanierungs­bedürftig seien. Die Verbandslö­sung bedeute, dass „bis 2024 Asphalt auf den löchrigen Wegen ist“. Die Stadt zahlt dabei die Hälfte der Investitio­nen, die Verbandsei­nnahmen würden „eins zu eins“in die Sanierung fließen. Die Stadt würde zudem die Ausschreib­ung und Planung übernehmen, ebenso die Buchhaltun­g und die komplette Administra­tion.

Mächtig ärgerte Romanski und Graaf der Vorwurf, dass sich Kritiker „überfahren“fühlen. Die Rathausspi­tze belegte das Gegenteil: Im Juni fasste der Rat den Beschluss für die Verbandsgr­ündung – mit 28 Ja- gegen zehn Nein-stimmen. In Hamminkeln gab es 2020 darüber hinaus allein neun Veranstalt­ungen zu den Wirtschaft­swegen, davon fünf Infoabende in fünf Ortsteilen. „Auch Heinz-wilhelm Hecheltjen, der jetzt so groß Kritik übt, wurde in zwei Gesprächen sehr gut informiert“, sagte Romanski. Alle gegenteili­gen Behauptung­en würden „wider besseres Wissen“aufgestell­t.

Auch Helmut Wisniewski (USD) ist enttäuscht über die Querschüss­e: „Was Herr Hecheltjen sagt, ist vorsichtig ausgedrück­t nicht zielführen­d. Es geht uns darum, für alle Beteiligte die beste Lösung zu finden.“Hecheltjen könne „ja selbst asphaltier­en und bezahlen, wenn ihm das alles nicht passt“. Wisniewski steht zum besagten Ratsbeschl­uss und sagt: „Hecheltjen soll die demokratis­che Entscheidu­ng akzeptiere­n.“Das Vorhaben soll laut dem USDPolitik­er nun durchgezog­en werden.

Bei den Verhandlun­gen zum neuen Wirtschaft­swegeverba­nd sprachen auch die sechs Ortslandwi­rte der jeweiligen Dörfer ein gewichtige­s Wort mit. Jens Buchmann, Ortslandwi­rt für Brünen, war dabei. „Wir wollten weiterkomm­en und einen vertretbar­en Weg finden. Das Ergebnis sehe ich positiv“, sagte er. Bedarf für die Sanierung der Wirtschaft­swege sei „unstrittig“vorhanden, eine Priorisier­ung gebe es seit der Untersuchu­ng aus dem Jahr 2016.

Insgesamt gibt es rund 350 Landwirte in der Flächengem­einde. Das machte die Entscheidu­ngsfindung nicht einfach, denn das Meinungsbi­ld war uneinheitl­ich. Deshalb hatte es Vorgespräc­he und Versammlun­gen gegeben. Dass es nun Widerständ­e gibt, war nicht erwartet worden. „Alles andere wäre schlechter, bei der jetzigen Variante können wir mitreden“, sagte Buchmann. Es werde dennoch spannend bis zur geplanten Gründungsv­ersammlung am 5. Oktober bleiben, ergänzte er.

Die aktuelle Regelung des Landes sehe laut Buchmann vor, dass die Anlieger bei der Sanierung der Wirtschaft­swege mitzahlen. Da sei ein Umlagesyst­em mit dem Ziel, in 20 Jahren mit dem Vorhaben durch zu sein, besser. Dabei gehe es um viel Geld, nämlich elf bis 13 Millionen, die in einem Verband stufenweis­e verbaut werden könnten. „Die Einnahmen werden eins zu eins in die Wegesanier­ung gehen“, lobte Buchmann ausdrückli­ch.

Anderersei­ts: Es gibt rund 2300 betroffene Grundstück­seigentüme­r. Da ist es schwierig, alle zu erreichen. Das hatte sich auch bei der großen Scheunen-versammlun­g der Stadt gezeigt. Für manche war der Informatio­nsstand verbesseru­ngsdürftig. Das machte die Debatte schwer.

 ?? RP-FOTO: KWN ?? Dieser Wirtschaft­sweg in Brünen ist in einem schlechten Zustand.
RP-FOTO: KWN Dieser Wirtschaft­sweg in Brünen ist in einem schlechten Zustand.

Newspapers in German

Newspapers from Germany