Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Eine Einigung ist in Sicht
Die Stadt und Landwirte haben im Streit um den geplanten Wirtschaftswegeverband einen Kompromiss ausgehandelt. Die Kosten sollen gedeckelt bleiben, die Betroffenen sind zudem mehr in den Gremien vertreten. Alle Hintergründe.
HAMMINKELN Nach der aufgeregten Debatte um den Wirtschaftswegeverband und der Kritik von Betroffenen an Verfahren und Kosten stehen die Ampeln für die Gründung nun auf Grün. Wie berichtet, hatten sich Verwaltung und Ortslandwirte sowie Kreisbauernschaft am Dienstag an einen Tisch gesetzt. Am Mittwoch meldeten sie dann, dass sie einen Kompromiss gefunden haben.
Zuletzt spielte die Kostenfrage die Kernrolle. Dafür vereinbarten die beteiligten Parteien eine Lösung, die den jährlichen Beitrag der Verbandsmitglieder auf zehn Jahre deckelt – und zwar auf die bisher genannten 27 Euro pro Hektar Fläche. Der Verband selbst soll eine Laufzeit von 20 Jahren haben.
Formell ist in Sachen Gremien vereinbart worden, dass die Landwirte die Mehrheit stellen. Dies wird in einer Satzung geregelt, inhaltlich wird die Konstruktion aber erst noch vom Kreis Wesel rechtlich geprüft. Der Verbandsvorstand versammelt 15 Ehrenamtliche aus allen Ortsteilen, deren Anzahl pro Dorf nach der landwirtschaftlichen Fläche berechnet wird. Hamminkeln, Brünen und Dingden erhalten je drei Sitze, die anderen Dörfer je einen.
Wie erfolgreich die Verhandlungen waren, das ist erst am Freitag abzusehen. Dann, und am Gründungstag des Verbandes am 5. Oktober, wollen Gegner auftreten. Bürgermeister Bernd Romanski und Beigeordneter Robert Graaf, die lange für den Wegeverband geworben haben, sind erstaunt über den plötzlichen Widerstand. Den Kritikern hielt Romanski entgegen: „Was wäre die Alternative, außer dass der Staat alles bezahlen soll?“
Fakt sei, so der Bürgermeister weiter, dass viele Wege sanierungsbedürftig seien. Die Verbandslösung bedeute, dass „bis 2024 Asphalt auf den löchrigen Wegen ist“. Die Stadt zahlt dabei die Hälfte der Investitionen, die Verbandseinnahmen würden „eins zu eins“in die Sanierung fließen. Die Stadt würde zudem die Ausschreibung und Planung übernehmen, ebenso die Buchhaltung und die komplette Administration.
Mächtig ärgerte Romanski und Graaf der Vorwurf, dass sich Kritiker „überfahren“fühlen. Die Rathausspitze belegte das Gegenteil: Im Juni fasste der Rat den Beschluss für die Verbandsgründung – mit 28 Ja- gegen zehn Nein-stimmen. In Hamminkeln gab es 2020 darüber hinaus allein neun Veranstaltungen zu den Wirtschaftswegen, davon fünf Infoabende in fünf Ortsteilen. „Auch Heinz-wilhelm Hecheltjen, der jetzt so groß Kritik übt, wurde in zwei Gesprächen sehr gut informiert“, sagte Romanski. Alle gegenteiligen Behauptungen würden „wider besseres Wissen“aufgestellt.
Auch Helmut Wisniewski (USD) ist enttäuscht über die Querschüsse: „Was Herr Hecheltjen sagt, ist vorsichtig ausgedrückt nicht zielführend. Es geht uns darum, für alle Beteiligte die beste Lösung zu finden.“Hecheltjen könne „ja selbst asphaltieren und bezahlen, wenn ihm das alles nicht passt“. Wisniewski steht zum besagten Ratsbeschluss und sagt: „Hecheltjen soll die demokratische Entscheidung akzeptieren.“Das Vorhaben soll laut dem USDPolitiker nun durchgezogen werden.
Bei den Verhandlungen zum neuen Wirtschaftswegeverband sprachen auch die sechs Ortslandwirte der jeweiligen Dörfer ein gewichtiges Wort mit. Jens Buchmann, Ortslandwirt für Brünen, war dabei. „Wir wollten weiterkommen und einen vertretbaren Weg finden. Das Ergebnis sehe ich positiv“, sagte er. Bedarf für die Sanierung der Wirtschaftswege sei „unstrittig“vorhanden, eine Priorisierung gebe es seit der Untersuchung aus dem Jahr 2016.
Insgesamt gibt es rund 350 Landwirte in der Flächengemeinde. Das machte die Entscheidungsfindung nicht einfach, denn das Meinungsbild war uneinheitlich. Deshalb hatte es Vorgespräche und Versammlungen gegeben. Dass es nun Widerstände gibt, war nicht erwartet worden. „Alles andere wäre schlechter, bei der jetzigen Variante können wir mitreden“, sagte Buchmann. Es werde dennoch spannend bis zur geplanten Gründungsversammlung am 5. Oktober bleiben, ergänzte er.
Die aktuelle Regelung des Landes sehe laut Buchmann vor, dass die Anlieger bei der Sanierung der Wirtschaftswege mitzahlen. Da sei ein Umlagesystem mit dem Ziel, in 20 Jahren mit dem Vorhaben durch zu sein, besser. Dabei gehe es um viel Geld, nämlich elf bis 13 Millionen, die in einem Verband stufenweise verbaut werden könnten. „Die Einnahmen werden eins zu eins in die Wegesanierung gehen“, lobte Buchmann ausdrücklich.
Andererseits: Es gibt rund 2300 betroffene Grundstückseigentümer. Da ist es schwierig, alle zu erreichen. Das hatte sich auch bei der großen Scheunen-versammlung der Stadt gezeigt. Für manche war der Informationsstand verbesserungsdürftig. Das machte die Debatte schwer.