Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Angst vor dem Wolf

Hartmut Neuenhoff will seine Tiere seit einem Vorfall schützen. Er hat einen Wolfsschut­zzaun beantragt, doch das zuständige Ministeriu­m lehnt ab. Für den Landwirt hat das schwere Folgen.

- VON SINA AEHLING

SCHERMBECK Alles könnte so schön sein. Die Familie rund um Hartmut Neuenhoff aus Damm bewirtscha­ftet einen Milchviehb­etrieb mitten im Grünen. Ungefähr 90 seiner trächtigen Jungtiere grasen während der Weidesaiso­n im Naturschut­zgebiet an der Lippeaue. Die Rinder pflegen somit die Weiden, da diese nicht gemäht werden dürfen. Doch die Idylle trügt: Der Betrieb der Neuenhoffs liegt mitten im Schermbeck­er Wolfsgebie­t. Und der Landwirt hat seit einem schlimmen Vorfall große Angst um seine Tiere.

Anfang September 2018 kam es zu einer Begegnung zwischen der Wölfin Gloria und sieben Jungtieren, die gejagt wurden. Neuenhoff erklärt, dass die Tiere damals zum Glück in der Weide geblieben seien. Allerdings seien die sonst zahmen Zuchttiere so traumatisi­ert gewesen, dass sie erst nach fünf Wochen wieder eingefange­n werden konnten. Der Landwirt betont zudem, dass die B 58 nur wenige hundert Meter entfernt sei. Läuft eines seiner Rinder weg, so sei das nicht nur eine Gefahr für das Tier, sondern auch für Autofahrer. Denn ein so großes Tier verursache nicht selten tödliche Verkehrsun­fälle. Der Landwirt trage nach eigenen Äußerungen die Verantwort­ung bei Personensc­häden, die seine Tiere verursache­n.

Neuenhoff möchte deshalb verhindern, dass die Tiere bei einer erneuten Begegnung mit der Wölfin durch die Zäune brechen und sich auf die B 58 verirren. Der Landwirt schrieb an das Ministeriu­m für Umwelt, Landwirtsc­haft, Naturund Verbrauche­rschutz des Landes Nordrhein-westfalen (Lanuv) und bat darum, einen Wolfsschut­zzaun aufstellen zu dürfen. Nach seinen Berechnung­en muss der gewünschte Zaun elf Kilometer lang sein.

Da ein Wolfsschut­zzaun nicht bewachsen sein darf, muss sich eine Person über die gesamte Weidesaiso­n darum kümmern, Pflanzen von eben diesem zu entfernen. Diese Arbeit kann Neuenhoff allerdings nicht leisten und bittet in seinem Antrag darum, dass das Lanuv den Zaun unterhält. Den Antrag stellte der Landwirt im Februar diesen Jahres, im Juli erhielt er dann eine für ihn unbefriedi­gende Antwort.

Das Lanuv lehnte den Antrag des Kuhhalters ab, da das Risiko für die

Rinder, von einem Wolf geschädigt zu werden, laut Umweltmini­sterium sehr gering sei. Die Gefahr sei für Schafe oder Ziegen deutlich höher, heißt es. Besonders schockiert sei Neuenhoff über einen Teil der Antwort gewesen: Es hieß, dass die Tiere im Falle eines Wolfangrif­fs versichert seien und Schäden bezahlt würden. Der Landwirt fokussiere sich aber nicht auf finanziell­e Aspekte, sondern auf das Wohl seiner Tiere und der Menschen, die durch diese gefährdet werden könnten.

„Die Weidehaltu­ng wird dem Wolf geopfert“, sagt Neuenhoff. Er erklärt, dass eine erneute Begegnung zwischen seinen Tieren und der Wölfin große Folgen hätte. Dann müsste er die Weidehaltu­ng komplett stoppen. Das Risiko sei zu groß und daher sei er in diesem Fall gezwungen, die Tiere im Stall unterzubri­ngen. Dies sei allerdings nicht möglich, da er einer Beweidungs­pflicht für die Flächen in der Lippeaue unterliegt. Auch die Futterkost­en würden im Stall deutlich höher werden, genauso wie der Aufwand bei der Entsorgung der Gülle. Somit befinde sich der Landwirt im Moment in einer aussichtsl­osen Situation.

„Man muss den Blick nicht nur auf ein Tier wenden“, verdeutlic­hte Neuenhoff seinen Standpunkt. Der Wolf stehe zurzeit im Fokus der Tierschütz­er, was dazu führe, dass andere Tiere vernachläs­sigt würden. Besonders Rinder- und Pferdehalt­er werden zurzeit alleine gelassen, merkt Neuenhoff an.

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FOTO: SINA AEHLING Hartmut Neuenhoff will seine Kühe mit einem speziellen Zaun vor der Wölfin Gloria schützen.

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