Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Tonnenschweres Finale auf der L460
Nach zweieinhalb Monaten Verspätung soll die Sanierung der Landstraße zwischen Sonsbeck und Veen Ende der Woche fertiggestellt sein. Zum Abschluss stand aber noch ein Mamutprojekt an: der Einbau eines 16 Tonnen schweren Schachts.
SONSBECK Die Anspannung bei den Bauarbeitern auf der Weseler Straße an diesem Morgen ist groß. Und sie wächst beständig mit jedem Zentimeter, den sich auch die am Kran befestigten Metallketten spannen. Lange haben die Mitarbeiter von Straßen NRW auf diesen Moment gewartet.
Ein halbes Dutzend Mal mussten sie diesen Arbeitsschritt verschieben – weil dafür nach Regenfällen wieder einmal das Grundwasser zu hoch stand. Nun aber soll der Betonschacht, der als Auffangbecken dient, endlich in die Erde gesetzt werden. Das Finale der langwierigen Sanierungsarbeiten der Landstraße zwischen Sonsbeck und Veen. Eine 16 Tonnen schwere Last – für Metallketten und Mensch.
Selbst die Kühe vom benachbarten Feld scheinen die Bedeutung der Arbeiten zu ahnen. Sie schlendern zum Zaun herbei, blicken neugierig drein, während sie entspannt ihr Gras wiederkäuen. Regungslos, mit steinernen Mienen starren derweil Wolfgang Ganswindt von der Bauaufsicht, Bauleiter Sven Suttrop und Polier Christoph Thomas dem 2,20 mal 2,20 Meter breiten und 3,25 Meter hohen Betonquader entgegen, der sich unter lautem Knacken der Zugseile langsam von der LkwTragfläche löst. „Ach, ist das schön, herrlich“, ruft Polier Thomas aus, als seien mit dem plötzlich in der Luft schwebenden Koloss gerade auch 16 Tonnen von seinen Schultern gefallen.
Sofort kommt Bewegung auf, schwenkt Thomas wie ein Fluglotse mit den Armen umher, um den Kranführer mit dem Koloss am Haken Richtung Erdloch zu leiten. Das wurde bereits Ende vergangener Woche ausgehoben und mit einer zehn Zentimeter dicken Betonsohle versehen, auf die der Schacht nun passgenau gebettet werden soll. „Jetzt wird er zu Grabe getragen“, scherzt Thomas nun deutlich gelöster.
Der Kran-mast schwenkt den Schacht vorsichtig über Bauzäune und einen prall gefüllten Container, in den noch immer unablässig Wasser gepumpt wird. Bereits fünf Tage lang waren die Pumpen mit einer Leistung von 120 Kubikmetern pro Stunde im Einsatz, damit sich der Grundwasserspiegel von einem Meter Tiefe auf das Zielniveau von drei Metern absenkt. „Das entspricht der Schachttiefe mit Betonsohle“, erklärt Ganswindt.
Für die Arbeiten musste eine wasserrechtliche Erlaubnis vom Kreis Wesel eingeholt werden, da das überschüssige Wasser in die Ley gepumpt wird. Ein Antrag auf bauzeitliche Grundwasserabsenkung wurde beim Deichverband XantenKleve gestellt. „Das hohe Grundwasser hier hat uns so einigen Mehraufwand beschert“, sagt Wolfgang Ganswindt.
Bereits bei der Kurvenbegradigung, dem ersten von insgesamt drei Bauabschnitten der L 460-Sanierung, kam es aufgrund dessen zu erheblichen Verzögerungen. Der stark aufgeweichte Boden war nicht tragfähig genug. Er musste komplett ausgekoffert und durch einen mit grobkörnigem Naturgestein versetzten Boden ersetzt werden, der nicht wieder verschlammt. Auch der Einbau des Rückhaltebeckens gehörte eigentlich zu Bauabschnitt eins. Doch der Grundwasserpegel war nach immer wieder heftigen Regenfällen trotz des Einsatzes von mehreren Pumpen nicht in den Griff zu bekommen. Die Arbeiten mussten mehrmals verschoben werden.
Daran will Polier Thomas aber gerade nicht denken. Er ist wieder voll konzentriert im Hier und Jetzt, um den inzwischen in Sonsbecks lehmigen Boden sinkenden Betonblock auszurichten. Noch ein wenig nach links, und der Gigant sitzt. Thomas springt in das mit Spundwänden abgestützte Loch hinterher, prüft mit der Wasserwaage, ob alles gerade ist. Ein letzter Check mit dem Nivelliergerät, und der 2,5 Tonnen schwere Betondeckel kann drauf. „Endlich“, sagt Ganswindt erleichtert, der sich nun auf seinen verschobenen Urlaub freut.
Bis zum Ende der Woche sollen alle Restarbeiten erledigt sein, Kanalrohre angeschlossen, der Schacht mit Sand verfüllt werden. Ab Montag soll die Weseler Straße wieder frei befahrbar sein. Endlich – das dürften dann auch die Sonsbecker nach mehr als zweieinhalb Monaten Verspätung denken.