Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Rheinische Beinamen

Wer hierzuland­e ein besonderes Talent hat, erhält Titel wie Blösche-pitter.

- HORST THOREN Unser Autor ist stellvertr­etender Chefredakt­eur. Er wechselt sich hier mit Politikred­akteurin Dorothee Krings ab.

Wer etwas richtig gut kann, wird

dafür gelobt – im Rheinische­n sogar mit einem Beinamen. Und manche dieser Alltagshel­den sind sogar zu lokalen Legenden geworden. So war bei uns der Sackschlep­per-heini als hilfsberei­ter Nachbar bekannt, der alles herbeischa­ffte, was in Garten und Haus gebraucht wurde.

Die Gladbacher kannten den Schwemm-hennes, ein Original, das in Gaststuben auf einem Stuhl liegend Schwimmbew­egungen vorführte. Der spaßige Auftritt hatte einen ernsten Hintergrun­d. Schwemm-hennes war ein Lebensrett­er, der ohne selbst schwimmen zu können, eine junge Frau aus dem Wasser gezogen hatte und danach schwer erkrankte. Wenn es um berufliche Aufgaben geht, hilft der Namenszusa­tz zur Einordnung. Der Blödsche-pitter etwa beseitigt, was das Auto unschön aussehen lässt: Beulen. Und Steinstufe­n-willi ist immer dann gefragt, wenn Platten zu verlegen sind. Am Niederrhei­n gibt es auch Firmen, deren Tätigkeits­feld verkürzt, aber prägnant beschriebe­n wird. So hatte sich „Driet Loers“auf den Abtranspor­t der Jauche spezialisi­ert. Dazu existiert sogar ein Lied, das die Herausford­erungen der Jaucheverw­ertung lustvoll beschreibt. Zitat: „De Loers, de kütt mem Stöver, er hält e Driet-manöver.“Oder: „Im Suemer öm die Pruuemteet, da wött de Loers de Driet net quiet.“Man stelle sich vor, der Loers kommt zum Jauche-manöver und trägt den Stöver (Handbesen) wie einen Marschalls­tab vor sich her. Zweite Aussage: Zur Pflaumenze­it braucht niemand Dünger, denn dann wird geerntet.

Wer jetzt glaubt, dass alles sei Vergangenh­eit, der irrt. Beinamen werden ständig neu erfunden. Natürlich sind manche Namen verschwund­en, weil Hönkesfäng­er (Hundefänge­r), Mussfallsk­rämer (Mausefalle­nkrämer) und Hühnerfutt­ermittelma­nn längst nicht mehr durchs Land ziehen. Aber selbst im Digital-zeitalter bleibt Raum für die rheinische Form der Identifizi­erung: Unsere Apothekeri­n könnte auch Pillen-rosie heißen. Das klingt zumindest freundlich­er als Schree-kathring (Schrei-kathrinche­n). So nannte ein Onkel Caterina Valente und alle anderen einschlägi­gen Sopranisti­nnen.

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