Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Der „Steuerpranger“steht am Pranger
Der anonyme, digitale „Steuerpranger“des grünen Finanzministers von Baden-württemberg spaltet mitten im Wahlkampf die Gemüter. Während Kanzlerkandidatin Baerbock die Sache auf ganz Deutschland übertragen möchte, werfen Union, FDP, AFD und selbst die SPD den Grünen vor, Misstrauen und Denunziantentum in der Bevölkerung zu schüren. Doch auch, wenn man vom Wahlkampf absieht: Am Ende überwiegen die Argumente gegen diesen geradezu verzweifelten Versuch eines Finanzministers, der verbreiteten Steuerhinterziehung und des Steuerbetrugs Herr zu werden.
Auf dem Meldeportal ist es seit Montag im Südwesten möglich, eine anonyme Anzeige gegen jemanden abzusetzen, der ein Freund, Familienmitglied oder Nachbar sein könnte. Das Aufdecken von Steuerhinterziehung und Steuerbetrug ist aber eine originäre Aufgabe der Finanzverwaltungen, der Steuerfahnder und der Schwerpunkt-staatsanwaltschaften, nicht der Bürger untereinander. In Deutschland herrscht eine andere Kultur als etwa in Schweden, wo jeder die Steuererklärung seines Nachbarn im Internet einsehen kann. Hier gibt es mehr als anderswo einen unschönen Sozialneid, der dazu beitragen dürfte, dass anonyme Anzeige-portale zuhauf genutzt werden.
Der Staat macht sich so einen schlanken Fuß: Seit Jahrzehnten klagen die Steuerbehörden über zu wenige Steuerfahnder, die dem Fiskus im Durchschnitt das Zehnfache ihrer Jahresgehälter einbringen. Warum die Zahl der Fahnder und der Schwerpunkt-staatsanwaltschaften nicht weiter deutlich aufgestockt wird, bleibt ein Rätsel. Dass Betrügereien wie etwa die Cum-exGeschäfte sehr vieler Banken über viele Jahre unentdeckt blieben, ist und bleibt ein Skandal. Die Steuerbürger haben zu Recht den Eindruck, dass der Staat gerade bei den ganz großen Fischen gerne wegschaut. BERICHT VIEL KRITIK AM „STEUERPRANGER“IM LÄNDLE, POLITIK