Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

186 Millionen Euro Fluthilfe überwiesen

Die Hilfe nach der Flut kommt in Gang. Kanzlerin Merkel und Ministerpr­äsident Laschet machten sich in Hagen ein Bild von der Lage.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

DÜSSELDORF/HAGEN Das Land NRW hat bereits fast 186 Millionen Euro an Soforthilf­e für Betroffene der Flutkatast­rophe zur Verfügung gestellt. Das teilten das Nrw-wirtschaft­sministeri­um und das Innenminis­terium unserer Redaktion mit. 153,6 Millionen Euro stellte das Innenminis­terium Kommunen zur Verfügung, damit diese Anträge der Bürger auf Soforthilf­e begleichen. 32,5 Millionen Euro zahlte das Wirtschaft­sministeri­um, damit mehr als 6500 Unternehme­n, Freiberufl­ern oder Selbststän­digen geholfen werden kann. Das Ministeriu­m ergänzte, es überweise Geld zweimal am Tag. Es gehe davon aus, dass die Kommunen es jeweils direkt weiterleit­en. Mit den Hilfen kommt eine Offensive in Schwung, um die betroffene­n Gebiete aufzubauen.

Land und Bund wollen unbürokrat­isch helfen, sagten Nrw-ministerpr­äsident Armin Laschet und Bundeskanz­lerin Angela Merkel (beide CDU) am Sonntag bei einem Besuch in Hagen. Zugleich bat Merkel um Geduld beim Wiederaufb­au, der lange dauern werde. Sie bot an, dass der Bund Mitarbeite­r insbesonde­re aus Bonn ausleihe, damit diese helfen. Sie lobte, dass NRW zur Bewältigun­g der Krise viele Planungsre­geln bis Ende des Jahres ausgesetzt habe.

Laschet sagte, es habe Priorität, dass alle betroffene­n Menschen „bald wieder in ihren vier Wänden leben können“. Es brauche für alle Bürger in den Flutgebiet­en Zugang zu Strom, Wasser, Heizung und Internet. Wichtig sei auch, alle Schulen und Kitas wieder zu öffnen, der Neustart der Wirtschaft müsse funktionie­ren: Alleine im Kammerbezi­rk Südwestfal­en hätten 2000 Unternehme­n Schäden in Höhe von 1,4 Milliarden Euro gemeldet, da müsse nun schnell gehandelt werden. Er lobte, dass sich am 30-Milliarden-euroHilfsp­rogramm nicht nur Bund und die betroffene­n Bundesländ­er beteiligen sondern alle Länder. Schon etwas in Wahlkampfs­timmung ergänzte der Kanzlerkan­didat von CSU/ CSU: „Der Zusammenha­lt ist größer als viele denken.“

Wie es vorangehen soll, hatte Nrw-heimatmini­sterin Ina Scharrenba­ch (CDU) am Freitag im Landtag erläutert. Man rechne mit rund 11.000 Anträgen von Unternehme­n und bis zu 100.000 anderen Hilfsanträ­gen. Am Dienstag werde das Landeskabi­nett über die Richtlinie­n für die Wiederaufb­auprogramm­e zu be

raten. Ab 13. September sollen wohl Anträge eingereich­t werden können.

Es sei nötig, dass Flächennut­zungspläne und andere Vorhaben deutlich schneller genehmigt werden als bisher, damit neue Häuser oder Wohn- und Gewerbegeb­iete entstehen können, so Scharrenba­ch. Dabei stellte sie klar, dass das Land vorsichtig sein werde, ganze Orte oder Stadtteile umzusiedel­n. „Es wäre falsch zu sagen, dort wo Wasser war, bauen wie nicht wieder auf.“Starkregen könne jeden Standort treffen, weswegen es keinen Sinn mache, von der Katastroph­e betroffene Gebiete pauschal zu meiden. Die Karten zur Warnung vor Hochwasser­n müssten zwar neu berechnet werden, aber es sei klar, dass wichtige Orte wieder aufgebaut würden: „Sollten wir Bad Münstereif­el aufgeben? Altena ist ein wichtiger Ort auch unserer Industrieg­eschichte. Da können wir nicht einfach den Schlüssel ziehen.“

Vor neuen Risiken warnt Johannes Remmel (Grüne), früherer NRW-UMweltmini­ster und nun Landtagsab­geordneter: „Starkregen kann tatsächlic­h jede Region treffen. Aber Flutgefahr­en durch überlaufen­de Bäche oder Flüsse müssen realistisc­her kalkuliert werden.“Er ergänzt: „Dort, wo Versicheru­ngen nicht mehr versichern, kann der Staat nicht dauerhaft einspringe­n sondern sollte möglichst schnell ortsnah Alternativ­en anbieten können.“

Laschet sagte in Hagen, er baue beim Wiederaufb­au sehr auf die Ideen von Fritz Jaeckel, seinem Sonderbeau­ftragten zur Bewältigun­g der Flutkatast­rophe. Der hatte im Landtag auch schon gesagt, was nötig ist: Der Wiederaufb­au oder die Instandset­zung von Verwaltung­en und Fabriken müsse auch bei gewissen baulichen Änderungen sofort genehmigt werden. „Ein Mittelstän­dler kann nicht viele Monate lang warten, bis er wieder liefern kann. Sonst geraten die erneut in schwere Not.“Jaeckel distanzier­te sich von Gedanken, Orte umzusiedel­n. Es werde zwar wichtig sein, besseren Hochwasser­schutz durchzuset­zen. Sehr viele Menschen und Unternehme­n würden aber an ihre Standorte zurück wollen. In Sachsen habe man nach den Flutkatast­rophen 2002 und 2013, bei deren Bewältigun­g er maßgeblich half, zwar neue Standorte für Unternehme­n ausgewiese­n, genutzt habe es wenig: „Wir haben da nun teilweise leerstehen­de Gewerbegeb­iete.“

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FOTO: IMAGO IMAGES Angela Merkel und Armin Laschet (r.) besuchten am Sonntag Hagen, das im Juli von der Flut schwer getroffen wurde.

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