Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Gas wird immer teurer
Der Preis für den Brennstoff lag im August so hoch wie seit fünf Jahren nicht – und er wird weiter steigen, sagen Experten. Das hat auch geopolitische Gründe. Verbraucher können allerdings trotzdem viel Geld sparen.
DÜSSELDORF Wer es diesen Winter warm haben will und eine Gasheizung besitzt, der muss entweder auf mildes Wetter hoffen, dicke Kleidung anziehen – oder tiefer in die Tasche greifen als bislang. Nach Angaben des Vergleichportals Verivox lag der durchschnittliche Gaspreis im August bei 1258 Euro – so hoch war er zuletzt 2016.
Wie entwickeln sich die Gaspreise? „Dass die Preise wieder runtergehen, ist kurzfristig eher nicht zu erwarten“, sagt Aribert Peters vom Bund der Energieverbraucher. Das Vergleichsportal Check 24 hat aufgelistet, wie viele Grundversorger im Sommer ihre Preise für Gas erhöht oder eine Erhöhung angekündigt haben. Auch ihr Ergebnis hört sich für Verbraucher nicht gut an: 39 Grundversorger erhöhten im August ihre Preise oder kündigten steigende Kosten an, sechs davon aus Nordrhein-westfalen.
„Das wird nicht die letzte Preiserhöhung sein“, sagt ein Sprecher von Check 24. Er rechnet damit, dass die meisten weiteren Grundversorger ihre Preise zum 1. Januar 2022 nochmal erhöhen werden. Das müssen die Energieversorger spätestens sechs Wochen ankündigen, bevor der neue Tarif gilt. Also – in den meisten Fällen – im November. Dabei ist die letzte Preiserhöhung nicht lange her. Anfang des Jahres erhöhten 416 Grundversorger ihre Gaspreise, 86 davon aus Nordrhein-westfalen. Lediglich 15 Energieunternehmen boten nach Angaben von Check 24 niedrigere Tarife an. Aus NRW senkte lediglich die Bad Honnef AG ihren Grundtarif um 1,4 Prozent.
Was sind die Gründe? „Die hohen Gaspreise haben mehrere Ursachen“, sagt Heiko Lohmann, Chefredakteur des Fachmagazins „Energate Gasmarkt“. Einmal seien die Gasspeicher nach dem kalten Winter ziemlich leer gewesen, momentan sind zu etwas mehr als 50 Prozent gefüllt. Das sei aber nicht das Hauptproblem, sagt Lohmann: „Das Gas ist sehr knapp geworden.“In Asien werde aktuell viel Gas verbraucht, primär nicht zum Heizen, sondern um zu kühlen. Das erhöht die Nachfrage.
Zu dieser steigenden Nachfrage komme aber ein geringeres Angebot, sagt Lohmann. Denn Russland, einer der wichtigsten Gaslieferanten Deutschlands, könne momentan nicht mehr liefern, nimmt Lohmann an. Der russische Staatskonzern Gazprom müsse zurzeit auch die eigenen Gasspeicher in Russland auffüllen, auch dort sind sie relativ leer. Zudem hat Gazprom mit einem anderen Kunden einen Vertrag, der in dem inzwischen höhere Liefermengen vereinbart sind. „Sie liefern mehr Gas in die Türkei“, sagt Lohmann.
Eine weitere Vermutung in der Branche ist, dass Russland momentan weniger Gas liefere, um die umstrittene Pipeline Nordstream 2 politisch durchzusetzen. Gas-experte Lohmann glaubt aber nicht, dass dies der Hauptgrund für geringeren Liefermengen ist.
Wie geht es weiter? Die staatlich eingeführte Abgabe auf den Kohlendioxid-ausstoß hat schon Anfang dieses Jahres zu steigenden Preisen geführt, viele Stromanbieter gaben ihn an die Verbraucher weiter. Von Jahr zu Jahr wird die Abgabe erhöht, das dürfte auch die Gaspreise weiter steigen lassen. Experte Lohmann ist sich sicher, dass die Preise nochmal ansteigen werden. Und es könnte knapper werden. „Wenn wir einen kalten Herbst haben und schon bald mit dem Heizen beginnen müssen, könnte es eng werden“, sagt Lohmann. Der Experte erwartet, dass aufgrund der steigenden Gaspreise und knappen Liefermengen die Diskussion um einen Ausstieg aus dem Heizen mit Gas nochmal Fahrt aufnehmen wird. Dass in den kommenden Jahren auf Gas verzichtet wird, das sieht er nicht. Aber er ist sich sicher: „Irgendwann müssen wir raus aus dem Gas.“
„Die hohen Gaspreise haben mehrere Ursachen“Heiko Lohmann, Chefredakteur des Fachmagazins „Energate Gasmarkt““
Was können Verbraucher tun? „Wenn sich die Preise erhöhen, haben Verbraucher immer ein Sonderkündigungsrecht“, sagt Verbraucherschützer Aribert Peters: „Sie können dann sofort kündigen.“Und einen neuen Anbieter auswählen. Hier rät Peters aber zur Vorsicht: Man solle nicht sofort den günstigsten Anbieter wählen. Denn dort würden oft Fallen lauern. Auch Vergleichsportale haben Tücken, hier kommt es auf die Voreinstellungen der Nutzer an. Peters rät Verbrauchern dazu, sich die Verträge durchzulesen und auf verschiedene Aspekte zu achten: Wie lang ist die Laufzeit? Wo könnten versteckte Kosten lauern? Tarife mit Bonus können unterm Strich teuer sein. Dann aber ist der Anbieterwechsel kein Problem. „Es besteht kein Risiko, dass Sie ohne Strom oder Gas dastehen“, betont die Verbraucherzentrale. Im Zweifelsfall werde man als Kunde vom Grundversorger vor Ort beliefert.