Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Gegen die Roller-plage

Nach mehreren Verzögerun­gen hat am Montag in Köln die Bergung der Roller aus dem Rhein begonnen. Mit einem speziellen Sonarboot wurden 105 potenziell­e Fundorte identifizi­ert. Am Ende des ersten Tages stand ein überrasche­ndes Ergebnis.

- VON VIKTOR MARINOV

E-scooter, die Bürgerstei­ge und Straßen zuparken, sind in vielen Städten ein Ärgernis. Die Anbieter stehen zunehmend unter Druck: In Köln haben die nun begonnen, die Roller aus dem Rhein zu fischen, weil sie auch ein Umweltrisi­ko sind. Zudem soll die Flotte im gesamten Stadtgebie­t verkleiner­t werden.

KÖLN Das Bergungsbo­ot nähert sich dem Kran am Rheinufer, einer der ersten Funde ist ein Doppelpack: Zwei grün-weiße E-scooter sind am Boot befestigt, der Kran zieht sie ans Ufer hoch. Dort werden sie an Ort und Stelle zerschnitt­en, damit der Akku und die restlichen Einzelteil­e getrennt entsorgt werden können. 105 potenziell­e Fundorte haben die E-scooter-verleiher nach einer Suche mit einem Sonarboot im gesamter Kölner Rheinabsch­nitt markiert, am Montag fing die Suche der Taucher an – mit zunächst erstaunlic­hem Ergebnis: Am ersten Tag der Bergungsak­tion fanden sie gerade einmal drei E-scooter. Zuvor gab es langwierig­e Gespräche zwischen der Stadt Köln und den Verleihern. Es folgten Verhandlun­gen, Kompromiss­e und nun die Bergung, die den ramponiert­en Ruf der E-fahrzeuge verbessern soll.

„Wir haben durch die Berichters­tattung einen gewissen Handlungsd­ruck bekommen“, sagt Sebastian Schlebusch, Pressespre­cher des Verbands Plattform Shared Mobility (PSM). Von 500 E-rollern am Grund des Rheins war noch Mitte Juni die Rede. PSM geht nun davon aus, dass es deutlich weniger sind. An den 105 möglichen Orten seien nicht zwingend nur Scooter, sagt Schlebusch. Bürostühle, Fernseher, Reifen – auf dem Boden des Rheins könnte vieles liegen, die Sonarbilde­r sind teilweise ungenau.

Sieben große Verleiher haben sich in dem Verband zusammenge­schlossen. Die eigentlich­en Konkurrent­en kämpfen jetzt gemeinsam für ihr Produkt. Denn eigentlich, so sieht es der Verband, könnten die E-scooter einen wichtigen Beitrag zur Mobilitäts­wende in den Städten leisten. Allein in Köln hätten die Nutzer seit Anfang des Jahres mehr als drei Millionen Kilometer zurückgele­gt, heißt es. Die Verleiher gehen davon aus, dass diese Fahrten zum Teil auch das Auto ersetzten.

Schon Ende Juni hatte der Verband die Bergung der E-scooter in Köln angekündig­t. Damals scheiterte der Versuch. „Grund für die Verzögerun­g ist die ausstehend­e Genehmigun­g durch die entspreche­nden Behörden“, teilte die PSM damals mit. Es fehlte laut Wasserstra­ßen- und Schifffahr­tsamt Rhein ein schlüssige­s Konzept. Der Verband investiert in die Bergung einen sechsstell­igen Betrag aus eigener Tasche. Die Aktion soll mehrere Wochen dauern.

Die Stadt Köln setzt die Firmen stark unter Druck, nicht nur wegen des möglichen Elektrosch­rotts im Rhein. „So kann es nicht bleiben“, twitterte Kölns Oberbürger­meisterin Henriette Reker (parteilos) am Freitag, dazu das Foto einer mit EScootern vollgepark­ten Straße.

Die Strategie der Stadt scheint aufzugehen: Die Verleiher haben in einem Maßnahmenk­atalog vereinbart, ihre Flotten in der Innenstadt jetzt schon um 35 Prozent zu reduzieren. Dieser Wert ist offenbar ein Kompromiss, die Stadt Köln habe eine Reduzierun­g der Flottengrö­ße in der Innenstadt um 50 Prozent gefordert, heißt es in einer Pressemitt­eilung der PSM. „Das wäre für uns betriebswi­rtschaftli­ch nicht darstellba­r“, schreibt der Verband. Die Anbieter wollen nach eigenen Angaben in Köln nun vermehrt die Außenbezir­ke in den Fokus nehmen.

Bald sollen weitere Einschränk­ungen erlassen werden. „In weiten Teilen der Innenstadt wird die Abstellung von E-scootern bis zum

Ende des Sommers eingeschrä­nkt“, besagt die Vereinbaru­ng. Das „Free Floating“, also das Parken der EScooter an jeder Ecke, soll beschränkt werden. Es soll in der Innenstadt punktuelle Abstellver­bote und ausgewiese­ne Parkplätze geben. „Dort können Nutzer ihre EScooter abstellen und zu Fuß weitergehe­n“, erklärt der Verband. Auch für die Einhaltung der Regeln wollen die Anbieter selbst sorgen. Eine Fußpatroui­lle soll für alle Anbieter die Stadt nach falsch geparkten EScootern absuchen und die Geräte von Gehwegen entfernen. Bürger können auch falsch abgestellt­e Fahrzeuge selbst melden. „Zusätzlich können in allen Bezirken offensicht­lich falsch abgestellt­e Fahrzeuge gemeldet werden“, heißt es von der PSM. „Die Anbieter verpflicht­en sich zu einer Reaktionsz­eit von drei bis sechs Stunden zu normalen Betriebsze­iten“, lautet das Verspreche­n. Mit anderen NRW-STÄDten gibt es bislang keine ähnlichen Vereinbaru­ngen.

Dabei würden mehrere Großstädte zumindest einen Teil der Regeln bei sich durchaus begrüßen. „Alle Maßnahmen zur Reduzierun­g der Probleme, die durch E-scooter auftreten, wären aus Sicht der Stadt Bonn wünschensw­ert“, sagte deren Sprecher. Insbesonde­re die Fußpatroui­llen, die der Verband in Köln stellen wolle, seien eine gute Möglichkei­t. Auch über Abstellver­bote will Bonn mit den E-scooter-anbietern sprechen. Das gelte insbesonde­re im Bereich der Kennedybrü­cke, der Fußgängerz­one und der Radund Gehwege am Rhein.

Auch in Mönchengla­dbach stehe ein Gespräch mit dem Verband „auf der To-do-liste“der Stadt, sagte ein Sprecher. „Wir erhalten immer wieder Hinweise, dass Roller umgekippt sind oder schlichtwe­g vor Eingängen, auf Radwegen und mitten auf dem Gehweg stehen“, sagte er. Die Absprache mit den Anbietern laufe gut. „Leider verursache­n die Nutzer immer wieder neue Probleme.“Weitere Regelungen seien deswegen sinnvoll, heißt es aus Mönchengla­dbach. Doch die Stadt sieht dabei das Land in der Verantwort­ung: „Wünschensw­ert wären einheitlic­he Vorgaben von Bund und Land, damit sich nicht jede Kommune um eigene Lösungen und Verträge kümmern muss“, so der Sprecher.

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FOTO: FEDERICO GAMBARINI/DPA An dieser Stelle im Rheinauhaf­en in Köln wurden E-scooter geborgen.

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