Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Hoffnung und Schreckges­penst

- VON HOLGER MÖHLE

Noch knapp drei Wochen bis zur Bundestags­wahl. Und plötzlich ziehen eine Hoffnung und ein Schreckges­penst gewisserma­ßen in Personalun­ion durch die Republik. Das Land spricht wieder über ein Linksbündn­is, jedenfalls über ein Bündnis links der Mitte. Was für SPD, Grüne und auch Linke mindestens eine Option ist, erklärt die Union zum Schrecken für Deutschlan­d. Erstmals seit Jahren hat Rot-grün im Bund wieder eine Machtoptio­n, wird dazu aber vermutlich die Verstärkun­g einer dritten Partei brauchen.

Auch die Partei Die Linke, die zeitweise schon bedrohlich nahe an der Fünf-prozent-marke war, hat bei Umfragewer­ten von sechs bis sieben Prozent die Gelegenhei­t erkannt. Flugs hat man jetzt ein Acht-seitenSofo­rtprogramm vorgelegt, mit dem man weniger die Republik erschrecke­n, sondern möglichst in eine rotgrün-rote Bundesregi­erung eintreten will. Scholz hat eine solche Koalition nicht explizit ausgeschlo­ssen, ihr aber auch nicht das Wort geredet. Rot-grün-rot bleibt eine Option, auch eine, mit der Scholz (und Baerbock) den Preis bei FDP-CHEF Christian Lindner für eine Ampel-koalition in die Höhe treiben könnten.

Doch es bleibt ein Restrisiko. Denn interessan­t im Linke-sofortprog­ramm ist vor allem, was nicht drinsteht: die Nato etwa, die die Linke durch ein kollektive­s Sicherheit­ssystem unter Einbindung Russlands überwinden möchte, bleibt unerwähnt. SPD und Grüne werden sich gut überlegen, wie viel Risiko sie in einer Koalition im Bund eingehen können, wenn sie die viertgrößt­e Volkswirts­chaft der Erde mit all ihren internatio­nalen Verpflicht­ungen regieren sollten. Die Linke bleibt damit gerade in der Außen- und Sicherheit­spolitik den Beweis ihrer Regierungs­fähigkeit schuldig. Allein die Perspektiv­e auf eine Mehrheit links der Mitte macht noch keine Regierung.

BERICHT DREI WOCHEN VOR DER WAHL, POLITIK

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