Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Hoffnung und Schreckgespenst
Noch knapp drei Wochen bis zur Bundestagswahl. Und plötzlich ziehen eine Hoffnung und ein Schreckgespenst gewissermaßen in Personalunion durch die Republik. Das Land spricht wieder über ein Linksbündnis, jedenfalls über ein Bündnis links der Mitte. Was für SPD, Grüne und auch Linke mindestens eine Option ist, erklärt die Union zum Schrecken für Deutschland. Erstmals seit Jahren hat Rot-grün im Bund wieder eine Machtoption, wird dazu aber vermutlich die Verstärkung einer dritten Partei brauchen.
Auch die Partei Die Linke, die zeitweise schon bedrohlich nahe an der Fünf-prozent-marke war, hat bei Umfragewerten von sechs bis sieben Prozent die Gelegenheit erkannt. Flugs hat man jetzt ein Acht-seitenSofortprogramm vorgelegt, mit dem man weniger die Republik erschrecken, sondern möglichst in eine rotgrün-rote Bundesregierung eintreten will. Scholz hat eine solche Koalition nicht explizit ausgeschlossen, ihr aber auch nicht das Wort geredet. Rot-grün-rot bleibt eine Option, auch eine, mit der Scholz (und Baerbock) den Preis bei FDP-CHEF Christian Lindner für eine Ampel-koalition in die Höhe treiben könnten.
Doch es bleibt ein Restrisiko. Denn interessant im Linke-sofortprogramm ist vor allem, was nicht drinsteht: die Nato etwa, die die Linke durch ein kollektives Sicherheitssystem unter Einbindung Russlands überwinden möchte, bleibt unerwähnt. SPD und Grüne werden sich gut überlegen, wie viel Risiko sie in einer Koalition im Bund eingehen können, wenn sie die viertgrößte Volkswirtschaft der Erde mit all ihren internationalen Verpflichtungen regieren sollten. Die Linke bleibt damit gerade in der Außen- und Sicherheitspolitik den Beweis ihrer Regierungsfähigkeit schuldig. Allein die Perspektive auf eine Mehrheit links der Mitte macht noch keine Regierung.
BERICHT DREI WOCHEN VOR DER WAHL, POLITIK