Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Drei Wochen vor der Wahl
Die Parteien werden zunehmend nervös. Viele Farbspiele sind möglich. Wie bereiten sich die Parteien vor, die miteinander theoretisch die nächste Regierung bilden können?
In dieser Woche kommt noch einmal der Bundestag zusammen; währenddessen läuft der Wahlkampf auf vollen Touren. Wie bringen sich die Parteien in Stellung angesichts des knappen Rennens?
CDU/CSU
Unionskanzlerkandidat Armin Laschet (CDU) hat es satt. Er wolle bis zur Bundestagswahl nicht mehr über Umfragen sprechen, die derzeit die SPD vor der Union sehen. „Dieses tägliche Klicken von Umfragen mag spannend sein. Ich sage, wie es mit Deutschland weitergehen soll“, sagt der CDU-CHEF am Montag in Heidelberg. Am Wahlabend „zählen wir aus. Und dann sehen wir, wie treffsicher Umfragen waren oder nicht.“CSU-CHEF Markus Söder wirbt Hunderte Kilometer entfernt für die Union: „Ich unterstütze Armin Laschet zu 100 Prozent“, sagt Söder beim Politischen Gillamoos im bayerischen Abensberg. Als ein Raunen durch die Festhalle zieht, beteuert Söder nochmals: „Ich unterstütze ihn, ich unterstütze ihn.“Söder nutzt seine rund 45-minütige Rede, um eindringlich vor einem Linksbündnis zu warnen und beinahe flehentlich um Stimmen zu werben. Er richtet den Blick auch auf die Liberalen, die zwar der „geborene Partner“für die Union seien. Doch nun rücke die FDP jeden Tag „näher an Linke“heran. Mit Blick auf eine mögliche Ampel-koalition schließt Söder daraus: „Jeder, der die FDP wählt, bekommt am Ende RotGrün.“
FDP
FDP-CHEF Christian Lindner wiederum weist die Forderung nach dem Ausschluss einer Ampel klar zurück. Da sei jetzt nicht die FDP am Zug, sagt Lindner am Montag. Immerhin seien es ja die Liberalen gewesen, die 2017 mit der Verweigerung eines Jamaika-bündnisses eine Verschiebung nach links verhindert hätten. Die Aufforderung des Cdu-finanzpolitikers Friedrich Merz, dass er eine Ampel ausschließen solle, sei aber „aufgrund der taktischen Situation der CDU entschuldbar“, so Lindner. Doch in der Tat legt er sich nicht fest. Auch am Wochenende vermied er eine klare Antwort auf die Frage, ob eine Ampel-koalition in Frage käme. Er werbe für eine starke FDP mit einer eigenständigen Rolle. „Unser Angebot ist eine Politik der Mitte – angesichts der Flirts von Rot-grün mit der Linken und auch angesichts der gegenwärtigen Schwäche der Union.“Wichtig sei aber weiter, dass die Union der FDP in der Sache näher stehe als SPD oder Grüne. Diese stünden für Offenheit gegenüber Enteignung, Bürokratismus und Umverteilung, Subventionierung und höhere Steuern. „Das ist jetzt nicht ein Programm, das eine innere Verwandtschaft zu unserem Programm hat“, sagt Lindner.
SPD
Im Willy-brandt-haus ist es voll am Montag. Die Spd-chefs Saskia Esken und Norbert Walter-borjans treten vor die Presse – und werben vehement für ihren Kanzlerkandidaten Olaf Scholz. Das Land brauche eine „Vertrauensperson“, sagt Walter-borjans. Olaf Scholz sei das – und hinter ihm stehe eine harmonisch geeinte Führungsmannschaft. Walter-borjans wirft der Union eine „Angstkampagne“gegen ein mögliches rot-grün-rotes Bündnis nach der Bundestagswahl vor. Es handele sich letztlich um ein Ablenkungsmanöver, CDU und CSU hätten „kein Programm“und „keinen Plan“. Ihre „Angstkampagne“laufe ins Leere. „Wer jetzt sein Kreuz bei der SPD macht, damit er mich als Kanzler bekommt, der wird auch den Kanzler bekommen, den er sich vorstellt – nämlich einen, der auf diese Prinzipien achtet, die für die Sicherheit Deutschlands von Bedeutung sind“, pariert Scholz am Montag bei seinem Besuch in Frankreich.
Grüne
Die Grünen erleben gerade zwei Parallelwelten: Einerseits berichtet Bundesgeschäftsführer Michael Kellner von vollen Marktplätzen bei Wahlkampfauftritten von Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock. Andererseits kannte die grüne Kurve in den Umfragen zuletzt vor allem eine Richtung: abwärts. Bei 17 bis 19 Prozent liegt sie derzeit. Kellner betont am Montag, dass man dankbar sei für den Wahlaufruf mehrerer Prominenter. Nach der Wahl wäre ein Bündnis mit der SPD die Wunschkonstellation der Grünen – die Skepsis gegenüber Linken (Differenzen in der Außenpolitik) und der FDP (Steuern) ist aber groß.
Linke
Ein „Bekenntnis“will die Linkspartei nicht abgeben. Diese würden ja „vor allem in der Kirche“abgelegt, sagt Spitzenkandidat Dietmar Bartsch und lehnt Forderungen aus der SPD nach einem Bekenntnis zur Nato als „abstrus“ab. Bartsch und Ko-spitzenkandidatin Janine Wissler stellen am Montag ein Sofortprogramm zur Bundestagswahl für eine Koalition mit SPD und Grünen vor – und wollen den Fokus auf anderes richten. Eine sofortige Anhebung des Mindestlohns auf 13 Euro und ein bundesweiter Mietendeckel gehören dazu. Kategorisch schließt Bartsch eine Beteiligung an einer Regierung aus, „die die Rüstungsausgaben steigert und Waffen in Krisengebiete liefert“. Diese könne es „mit der Linken nicht geben“, sagte er. Die Nato wird in dem achtseitigen Papier nicht erwähnt.