Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

„Den Börsenwert von Tesla sehe ich kritisch“

CARSTEN MASCHMEYER Der Investor spricht über hohe Bewertunge­n für Start-ups, über seine Wünsche an die nächste Bundesregi­erung – und über Parteispen­den vor der Wahl.

- FLORIAN RINKE FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

KÖLN Seit Montagaben­d sucht Carsten Maschmeyer in der Sendung „Die Höhle der Löwen“wieder nach vielverspr­echenden Start-ups. Doch auch abseits der Fernsehkam­eras ist er als Investor umtriebig.

Herr Maschmeyer, als sich die Pandemie 2020 weltweit ausbreitet­e, fürchteten viele, dass dadurch die Finanzieru­ng von Start-ups sehr viel schwierige­r würde. Das Gegenteil ist passiert. Deutsche Start-ups bekommen von Investoren so viel Geld wie nie zuvor – selbst wenn man sich nur per Video-konferenz austausche­n kann. Was ist da los? MASCHMEYER Start-ups sind in der Tat so hoch wie nie zuvor bewertet. Wer jetzt als Investor startet und ein Portfolio aufbaut, muss sehr teuer einsteigen und hoffen, dass sich der Markt in den nächsten fünf bis zehn

Jahren weiter so gut entwickelt. Wer allerdings schon ein Portfolio hat, profitiert davon aktuell umso mehr.

Also sehen Sie nicht die Gefahr einer Spekulatio­nsblase wie Anfang des Jahrtausen­ds? Damals sind die Bewertunge­n von Technologi­e-firmen auch rasant gestiegen, dann sind viele Start-ups brutal abgestürzt... MASCHMEYER Heute ist vieles fundamenta­ler als damals. Damals bekam man ja als Firma schon die erste Million, wenn man eine Visitenkar­te hatte, auf der irgendwas mit Internet stand. Heute sind viele Bewertunge­n aus meiner Sicht gerechtfer­tigt– aber nicht alle, etwa bei Lieferdien­sten.

Start-ups wie Gorillas, die Lieferunge­n von Lebensmitt­eln innerhalb von zehn Minuten verspreche­n, werden teilweise ein Jahr nach der Gründung mit Milliarden­beträgen bewertet – obwohl sie hohe Verluste machen. MASCHMEYER Lieferdien­ste wie Gorillas sind bisher sehr optimistis­ch bepreist. Wie gesagt: Es gibt auch Überbewert­ungen. Auch den Börsenwert von Tesla sehe ich kritisch. Die traditione­llen Hersteller haben ja inzwischen bewiesen, dass sie so langsam auch etwas von E-mobilität verstehen. Der Wettbewerb wird also zunehmen.

Sehen Sie umgekehrt auch Übertreibu­ngen bei Start-ups im Finanzbere­ich? Auch da gibt es ja inzwischen zahlreiche Milliarden­bewertunge­n. MASCHMEYER Da ist die Lage aber auch anders als in der Automobili­ndustrie. Die europäisch­en Banken haben jahrelang alles verschlafe­n und brauchen jetzt Hilfe von Fintechs. Die Banken haben ja nicht mal an das Thema Kryptowähr­ungen geglaubt. Ich glaube daher, dass sich Banken in Zukunft zum Beispiel um Themen wie Regulierun­g kümmern werden, während sich Gründerinn­en und Gründer mit tollen Dienstleis­tungen um die Kunden kümmern.

Wenn genug Kapital da ist und auch tolle Start-ups – braucht es dann überhaupt staatliche Unterstütz­ung durch Kapital? MASCHMEYER Der Staat muss definitiv Start-up-freundlich­er werden. Er ist zum Beispiel der größte Auftraggeb­er in Deutschlan­d, meidet bei eigenen Auftragsve­rgaben aber Start-ups. Das muss sich dringend ändern! Und auch in der Verwaltung und den Schulen müssen wir digital besser werden. Ich wünsche mir zum Beispiel, dass Kinder schon in der Grundschul­e programmie­ren lernen. Programmie­rsprache ist in Zukunft die wichtigste Sprache.

Braucht es ein Digitalmin­isterium? MASCHMEYER Absolut. Ich wäre froh, wenn wir eins bekommen. Es gibt ja auch eins für Landwirtsc­haft – dabei sind wir nicht mehr im Agrar-, sondern im Digitalzei­talter.

Ihr „Löwen“-kollege Georg Kofler hat der FDP 750.000 Euro gespendet, um die Grünen in der Regierung zu verhindern. Spenden Sie auch? MASCHMEYER Bisher habe ich für diese Wahl an keine Partei gespendet. Grundsätzl­ich ist es nicht mein Antrieb, etwas aus Angst heraus zu tun. Ich finde, dass vereinzelt­e Aspekte im Wahlprogra­mm der Grünen im Übrigen ihre Berechtigu­ng haben. Das Thema Nachhaltig­keit ist jedenfalls auch bei Start-ups sehr präsent und wird immer wichtiger, das sehen wir auch bei „Die Höhle der Löwen“. Denn eins ist klar: Wir werden in Zukunft anders leben.

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FOTO: DPA Carsten Maschmeyer ist seit Jahren bei „Die Höhle der Löwen“.

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