Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Sieg gegen Armenien macht Mut
Das Nationalteam setzt eine erste Duftmarke des Flick-fußballs.
STUTTGART (dpa) Euphorisch werden nach einem tollen Fußballabend? Nein, nicht mit Hansi Flick, dessen Ziel die Weltspitze ist und dessen Maßstab aus seiner Zeit beim FC Bayern Titel sind. Nach der ersten Duftmarke der Nationalmannschaft mit dem erhofften attraktiven Flick-fußball mit Tempo, Tricks und Toren unterband der Bundestrainer zumindest in seinem Einflussbereich jedes Anzeichen der Überbewertung. Und seine wohltuend realistischen Spieler zogen auch da mit. „Wir waren die vergangenen Jahre zu düster, dass wir jetzt nach einem Spiel abheben“, sagte der große Antreiber Leon Goretzka.
Flick gönnte seinen Jungs am Sonntagabend im Stuttgarter Stadion nach dem schwungvollen 6:0 gegen überforderte und taktisch naive Armenier die Jubelrunde vor den schwarz-rot-goldene Fähnchen schwenkenden Zuschauern, ehe er sie in der Kabine empfing und mit klaren Worten sofort auf den nächsten Job ausrichtete. „Das Spiel ist jetzt schon wieder beendet. Es geht der Blick nach Island“, sagte der 56-Jährige in der Vorausschau auf Mittwoch (20.45 UHR/RTL), wenn in
Reykjavik sein Neun-punkte-start finalisiert werden soll. Der Auftritt bei seinem Heimdebüt sei jetzt erstmal „der Maßstab“, erklärte Flick.
Es tat den oft gescholtenen Nationalspielern um Doppeltorschütze Serge Gnabry und die Tordebütanten Jonas Hofmann und Neuling Karim Adeyemi aber einfach gut, mal wieder vom Publikum gefeiert zu werden.
Die zwei zentralen Vorgaben habe die Mannschaft vollauf erfüllt: Das eine war, „uns mit einem Sieg die Tabellenführung zu holen“. Was eindrucksvoll gegen den bisherigen Spitzenreiter gelang. „Und das Zweite war, dass wir den nächsten Schritt machen wollen, dass wir einfach einen Fußball spielen, der begeistert, einen Fußball spielen, der Freude macht, Freude auf mehr. Das war der Fall“, sagte Flick.
Wenn Flicks offensive Spielidee mit Pressing, schnellem Passspiel in die Tiefe und entschlossenen Torabschlüssen umgesetzt wird, „sind wir sehr, sehr stark“, meinte Timo Werner. Den Mittelstürmer scheint Flick wieder stark zu machen, ebenso den aufblühenden Leroy Sané. Die Reaktivierung von Marco Reus ist ebenfalls ein Gewinn. Und das DFBTeam hat im Bayern-duo Joshua Kimmich und Goretzka wieder ein Herzstück im Zentrum des Spiels.
Der Gegner war freilich nur die Nummer 88 der Welt, wie der 25 Jahre alte Werner hervorhob: „Armenien war jetzt nicht der Über-gegner, auf den wir in einem Achtel- oder Viertelfinale bei einer WM treffen können.“Die Abwehrkraft wurde von Armeniens Offensive mit dem ehemaligen Dortmunder Henrich Mchitarjan nicht ernsthaft geprüft. Das könnte sich am Mittwoch gegen Island ändern.