Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Es braucht nur zwei Tore und etwas Platz

Viel benötigt die neue Fußball-hobbymanns­chaft des TV Voerde nicht. Den Vätern und Söhnen, die aus Afghanista­n und dem Iran geflüchtet sind, gibt das Team allerdings eine Menge. Jeden Sonntagabe­nd wird zwei Stunden gekickt.

- VON SANDRA GOLDMANN

VOERDE Für zwei Stunden das Leid vergessen, nicht um die zurückgela­ssenen Familienmi­tglieder und Freunde bangen, sich nicht immer wieder an das Erlebte erinnern. Zwei Stunden einfach den Ball laufen lassen, Spaß haben, lachen. Für 16 Geflüchtet­e aus Afghanista­n und dem Iran ist dies seit ein paar Wochen auf dem Platz des TV Voerde immer sonntags möglich.

Kaeed Anwar kennt diese Gefühle, die Gedanken und Sorgen. Auch er kam vor über 20 Jahren als Geflüchtet­er aus dem Nordirak nach Deutschlan­d. Mittlerwei­le arbeitet er als Integratio­nshelfer an einer Schule, trainiert die zweite Mannschaft des TVV in der Fußball-kreisliga B und engagiert sich auch sonst auf vielfältig­e Weise in seinem Umfeld. „Ich weiß noch genau, wie es damals bei mir war, welche Gedanken man hat. Man kann nicht richtig Deutsch, denkt viel an die Familie und die Heimat“, erzählt Anwar. Für den sprachgewa­ndten Trainer (Kurdisch, Arabisch und Deutsch) war es somit auch keine Frage, ob er eine Hobbymanns­chaft für Väter und Söhne auf die Beine stellen wolle.

Die Idee wurde, wie könnte es anders sein, auf dem Platz geboren. „Hier waren zwei Väter auf der Anlage. Ich habe sie bei einem Freundscha­ftsspiel angesproch­en, ich habe im Irak Arabisch studiert, und sie haben gefragt, ob sie irgendwie mitmachen können“, erinnert sich Kaeed Anwar. „Ich wollte erst mit dem Vorstand sprechen, wir brauchen zwar nicht viel, nur zwei Tore und etwas Platz, aber diese Hobbymanns­chaft sollte auch offiziell sein.“

Der TV Voerde befürworte­te das Projekt, seitdem wird sonntags von 18 bis 20 Uhr auf dem Rasen – wenn es nicht gerade stark regnet – generation­sübergreif­end Fußball gespielt. Väter und Söhne – der Jüngste neun Jahre alt, der Älteste Ende 40.

Die Gruppe unterstütz­t sich, sitzt nach dem Training zusammen und unterhält sich, hört gemeinsam Musik – zur Freude von Kaeed Anwar sind es meist persische Klänge. Es wird viel gelacht. Der Fußball macht es möglich. „In der Zeit können die Männer und Jungs die Heimat einen Moment vergessen und einfach nur kicken. Das sind richtige Straßenfuß­baller. Das macht so viel Spaß“, sagt Anwar, der aber auch betont: „Aber auch wenn jemand Probleme hat oder Hilfe braucht, sind wir da.“

Die Gruppe hat bei Anwar und dem TV Voerde einen starken Rückhalt gefunden. Von den Kindern trägt eines nun auch ganz offiziell in einer der Jugendmann­schaften das Trikot des TV Voerde. Ein erstes Spiel hat die Hobbymanns­chaft auch schon bestritten. Jüngst wurde sich Neun-gegen-neun mit einem befreundet­en Team gemessen. Anwar: „Das hat hundertpro­zentig Spaß gebracht.“

Kontakt Wer Interesse hat, bei der Hobbymanns­chaft mitzumache­n, kann sich bei Kaeed Anwar unter der Mobilnumme­r 0176 28186662 melden.

 ?? FOTO: BURKHARD LOLL ?? Kaeed Anwar (rechts) und die Hobbymanns­chaft des TV Voerde. Das Team besteht aus Flüchtling­en aus Afghanista­n und dem Irak.
FOTO: BURKHARD LOLL Kaeed Anwar (rechts) und die Hobbymanns­chaft des TV Voerde. Das Team besteht aus Flüchtling­en aus Afghanista­n und dem Irak.

Newspapers in German

Newspapers from Germany