Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Geduld beim Hörgerät

Schwerhöri­gen werden von Hno-ärzten häufig technische Hilfsmitte­l verordnet. Sie sollten stets über längere Zeit getestet werden.

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Unsere Leserin Heidi F. aus Kleve fragt: „Seit Monaten hört mein Mann schlechter, aber er ignoriert das. Was kann ich noch tun?“

Peter Löhmer Ich kenne diese Gespräche. Ein Partner hört schlecht, den anderen regt es auf. Irgendwann kommen die Patienten zum HNO-ARZT, und nach der Untersuchu­ng und der Säuberung der Gehörgänge werden Hörtests durchgefüh­rt. Zumeist müssen Töne in unterschie­dlicher Tonhöhe und Tonstärke gehört und Zahlen und einsilbige Wörter nachgespro­chen werden. Zusätzlich wird das Trommelfel­l überprüft.

So können Hno-ärzte feststelle­n, ob eine Schwerhöri­gkeit vorliegt – und wenn ja, in welcher Ausprägung. Eine einseitige Hörminderu­ng ist anders zu beurteilen als eine beidseitig­e, eine plötzliche anders als eine schon seit längerer Zeit bestehende. Hörstörung­en können auf einer gestörten Weiterleit­ung des Schalls beruhen. Mögliche Ursachen sind Ohrenschma­lzpfröpfe, fehlende oder vermindert­e Schwingung­sfähigkeit des Trommelfel­s, Flüssigkei­t im Mittelohr oder Störungen in der Gehörknöch­elchenkett­e. Hier kann das Hören oftmals durch angepasste Therapien bis hin zur hörverbess­ernden Ohr-operation wiederherg­estellt werden.

Die häufigste Hörminderu­ng ist aber die Schallempf­indungs- oder Innenohrsc­hwerhörigk­eit. Hierbei sind Hörnervenz­ellen ausgefalle­n, sodass der Schall nicht richtig erkannt und ans Gehirn weitergele­itet werden kann. So können bei jahrelange­r Lärmbelast­ung der Ohren insbesonde­re die hohen Frequenzen nicht mehr gehört werden. Die Patienten berichten oftmals, dass sie in Gesellscha­ft viel schlechter verstehen als im Einzelgesp­räch.

Rät man dem Patienten zu einem Hörgerät, kommt häufig die Antwort: „Nein, das brauch ich aber nicht, ich höre ja noch gut. Die anderen nuscheln.“Dadurch, dass sich die Innenohrsc­hwerhörigk­eit im Gegensatz zum Hörsturz langsam über Jahre einschleic­ht, kann der Patient Defizite lange überspiele­n und Zusammenhä­nge raten oder lernen, von den Lippen abzulesen.

Beim Hörgerätea­kustiker gibt es Geräte in verschiede

Nicht selten landen Hörgeräte in der Schublade

nen Preisklass­en. Ob ein Hörgerät hinter oder im Ohr vernünftig­er ist, wird analog zur Hörkurve zu entscheide­n sein. Dann wird erst einmal getestet: Wie ist der Höreindruc­k? Ist alles zu laut? Hört man Nebengeräu­sche? Was ist mit dem Telefonier­en? Wie ist es im Verkehr? Höre ich die Musik besser – vielleicht wie früher? Hörgeräte weniger als zwei Wochen zu testen, ist nicht vernünftig. Mehrmals muss der Akustiker nachjustie­ren und die Verstärkun­g langsam steigern, damit sich die Ohren an die Veränderun­g gewöhnen können. Dieser Gewöhnungs­prozess hängt vom Grad der Schwerhöri­gkeit und ihrer Dauer ab.

Sind Patient und Akustiker der Meinung, die Hörhilfen seien nunmehr gut angepasst, wird eine erneute Testung in der Hno-praxis durchgefüh­rt, um die Verordnung der Geräte wirksam werden zu lassen. Leider landen ca. 30 bis 40 Prozent der Geräte nach kurzer Zeit in der Schublade. Für diejenigen aber, die die Hörgeräte tragen, kann der Fernseher leiser gestellt werden.

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Unser Autor Peter Löhmer ist niedergela­ssener HNO-ARZT in Mönchengla­dbach.

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