Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
HAMMINKELN
Die Grünen fordern den Kreis auf, mehr gegen die Folgen von Starkregen zu tun. Hamminkeln dient teils als Vorbild.
Stadt ist ein Vorbild im Kampf gegen Starkregen und Hochwasser
HAMMINKELN Dort, wo sich Helga Franzkowiak und Hubert Kück von der Grünen-kreistagsfraktion mit Johannes Flaswinkel, dem Fraktionssprecher der Grünen im Rat, aufstellten, herrschte 2016 das große Chaos. An der Isselbrücke kurz vor Ringenberg strömte damals das Hochwasser und staute sich. Das Dorf Ringenberg war bedroht und entrann nur knapp einer Katastrophe. Der kurz zuvor ins Amt gewählte Bürgermeister Bernd Romanski sah sich – im Einsatz zusammen mit Ordnungsdezernent Robert Graaf – unglaublich gefordert, ließ in Richtung Wesel den Deich durchstechen, um den Druck aus der verwallten Issel zu nehmen.
Eine katastrophale Zeit mit zwei Isselhochwasser – daran wurden gestern Gedanken wach. Denn die drei Grünen-politiker fanden sich am Ort der Ereignisse von 2016 ein. Es ging um das sperrig klingende Thema der „Klimafolgenanpassung“und was das für die ländliche Region mit ihren zahlreichen Wasserläufen bedeutet.
Die Issel floss gestern träge und flach, ein harmloses Flüsschen. Sie kann aber auch anders. Doch wäre der Kreis gegen Starkregenereignisse und einer neuen Flut gewappnet? Die Extremwetterlagen seien durch den Klimawandel verstärkt, für die Grünen gehe es deshalb vor allem auch darum, die Folgen eines möglichen Starkregens „abzufedern“. Dazu müsste auch der Kreis Wesel seinen Beitrag leisten – ebenso Städte wie Hamminkeln. Johannes Flaswinkel stimmte dem zu. Er selbst war 2016 betroffen. Ein halbes Jahr hatte er Wasser im Keller, ein ganzes Jahr dauerte es, bis es darin wieder trocken war. Da ist die persönliche Betroffenheit groß und die Neigung auch, politisch in die Offensive zu gehen.
Die Grünen stellten Fragen. Es ging darum, wie die Feuerwehren im Kreis Wesel im Katastrophenfall eingesetzt und koordiniert werden. Oder um die Gefahr von Hochwasser in Siedlungs- und Muldenbereichen. Dass in Überflutungsbereichen nicht neu gebaut werden soll, gilt ihnen in Sachen Städteplanung als klar. Man müsse „wassersensibel“planen, etwa auch nötige Versickerungsflächen berücksichtigen. Die Grünen empfehlen einen Blick in die Niederlande und dem dortigen Umgang mit Hochwasserschutz. „Wasser auf Flächen zurückhalten, also Niederschlagswasser zwischenlagern“– das sei laut Kück ein wichtiger Baustein.
Hamminkeln habe schon viel getan, auch was Zweckverbände betreffe und die Zusammenarbeit mit Städten an der Issel, stellte Flaswinkel fest. Ein 28-Maßnahmen-paket zur Entlastung des Flusses bestehe. Er erinnerte an den Juni 2016, da war die 50 Kilometer lange Issel komplett betroffen, teils 200 Liter Regen pro Quadratmeter waren gefallen, Starkpumpen an der Isselbrücke verfrachteten Wasser in den Weikensee. Man habe seitdem viel politisch getan. Er bezog sich auf Flächenausweisung oder Aktionen wie die Dachbegrünung. „Doch es ist dringend nötig, mehr Maßnahmen zu ergreifen“, sagte er.
Doch was? Kreis-fraktionsvize Helga Franzkowiak forderte, mehr die Nebenläufe zu betrachten und genauer hinzuschauen, was die Pflege der Gräben und Durchlässe betreffe. Darauf achtet zum Beispiel Hamminkeln schon. Die Grünen wollen für den Kreis Wesel mehr Maßnahmen sehen: Simulationen des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv), Neuerfassung der gesamten Topographie und im Rhein-erftKreis nachfragen, was ein Gutachten für die Gesamtsituation betrifft.
Weiteres Thema sind auch Abgrabungen. Sie würden wie Plomben wirken und Sogwirkung fördern, so die Grünen. Der Kreis Wesel müsse das Land auffordern, zukünftig geplante Abgrabungen zu begrenzen, „um das Schadenspotential nicht zusätzlich zu erhöhen“. Je mehr Baggerlöcher es gibt, desto mehr sind auch die Flutwege von Grundwasser gestört – so sehen es die Grünen und verweisen auf die Wissenschaft. Sie warnen daher auch vor schlechteren Bedingungen beim Abfließen von Starkregen.