Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Warum auch Luftfilter Probleme bereiten
Viele Schulleiter hätten sich gewünscht, dass auch Fensterventilatoren getestet werden.
DINSLAKEN (akw) Nach langer Diskussion haben die Ratsmitglieder am 24. August entschieden: Alle Schulen werden mit Luftreinigungsgeräten (LRG) ausgestattet. Eltern, Schülerinnen und Schüler freuten sich. Die Schulen selbst haben die Entscheidung mitunter weniger erfreut zur Kenntnis genommen.
Christof Schraven, Leiter der GGS Am Weyer, sagte, er nicht nur „sehr überrascht“worden von dem Beschluss, sondern auch „erschrocken“darüber. Denn Schraven war von dem bei der Schulleiterkonferenz am 18. August vorgestellten Vorschlag der Verwaltung – die hatte angeboten, statt der LRG so genannte Fensterventilationssysteme anzubringen – „angenehm überrascht“. „Es erschien mir, wie auch vielen Schulleiterkollegen, schnell umsetzbar, kosteneffizient und versprach eine hohe Lufteffizienz. Zudem war es eine leise und platzsparende Alternative zu den monströsen Luftfiltergeräten, von denen wir schon eins beherbergen“, sagt er.
Schraven bedauert, dass weder die Schulleitungen noch die Schulkonferenz aus Reihen der Politik vor der Entscheidung nach ihren Meinungen gefragt wurden. „Gerne hätte ich dem Rat gesagt, dass wir in unseren kleinen Klassenräumen nicht den Platz für solch einen überdimensionierten Kühlschrank besitzen, dass die Lärmbelastung nicht zu verkennen ist und wir als Grundschule schon in der Vergangenheit andere Belüftungsformen erfolgreich fahren. Doch wir sind nicht gefragt worden, leider!“
Darüber hinaus hätte der Schulleiter sich gewünscht, „dass beide Lüftungskonzepte den Schulkonferenzen vorgestellt und angeboten werden, denn die Rahmenbedingungen und Bedarfe in einer Grundschule sind gänzlich andere als an einer weiterführenden Schule. So hätte sich jede Schulkonferenz für eines der beiden Lüftungskonzepte entscheiden können“, erklärt er. „Doch die Politik hat versäumt, alle Lehrer, Eltern und Schüler mit ins Boot zu holen. (...) Das finde ich ausgesprochen schade“, sagt Schraven.
Die Leiterinnen und Leiter der anderen Grundschulen äußerten sich auf Nachfrage zurückhaltend. Sie hatten am Dienstag eine Besprechung, bei der über das Thema gesprochen wurde. Wie Ludger Zech, Leiter der Hagenschule, erklärte, ergab sich „in dem Nachgespräch schon, dass wir auch mit dieser Ventilatoren-lösung hätten leben können“. Die Grundschulleitungen hätten zudem geäußert, „dass wir uns wünschen, dass da ein bisschen nach Standort geguckt wird“.
Die Nachfrage an den weiterführenden Schulen zeigt ein ähnliches Stimmungsbild auf. Daniel Tiszay, Leiter am Gustav-heinemann-gymnasium (GHG), fand die Idee der Fensterventilationssysteme „durchweg interessant, da sie wegen der zusätzlichen Frischluftzufuhr eben auch den Co2-gehalt der Luft reduziert“. Da Sauerstoff beim Lernen helfe, „die LRG allerdings `nur' die Luft reinigen, sie aber nicht in ihrer Konzentration von Gasen verändern, war das in der Tat eine schnell zu beschaffende, vergleichsweise günstige, aus Laiensicht effektive, durchweg leise, wieder rückbaubare und insofern testbare Alternative“, sagt er und ergänzt: „Da ich immer dafür bin, auch auf die Kosten zu schauen (...), schließe ich mich der Kritik vieler Schulleitungskollegen und -kolleginnen an, dass man auch mit uns hätte sprechen sollen. Das hat die Politik leider nicht getan.“
Es kämen nun einige Probleme auf die Schulen zu, glaubt Tiszay und erläutert: „Die LRG werden nur für die Klassen 5 und 6 angeschafft. Wieso ein Kind der Klasse 7 gereinigte Luft nicht verdient hat, konnte mir bisher niemand erklären. Wir stehen nun vor dem Problem, die Räume der Klassen 5 und 6 angeben zu müssen, diese ändern sich aber mitunter, die Geräte müssen fortan also in unregelmäßigen Abständen umgelagert werden. Was ist mit dem Biologie-raum? Dort ist eine Infektion dann egal?“
Darüber hinaus ist für den GHGChef nicht geklärt, wer künftig für die fachgerechte Entsorgung der Filter sorgen soll. Die Stadt stehe zudem „nun vor dem Problem einer europaweiten Ausschreibung. Das dauert, wie wir wissen“. Wann also die LRG kämen, wisse keiner. „Ich prophezeie, dass dies im anstehenden Winter nicht der Fall sein wird. Wenn unsere Kinder beim Lüften also dennoch frieren, während die Geräte im fernen Asien noch gebaut werden, kann man sich ja warme Gedanken machen, ob es mit nur gekippten Fenstern und der Abluftanlage nicht doch besser gewesen wäre“, sagt Tiszay.
Dem Schulleiter ist es dennoch wichtig zu betonen, dass er es schätze, „dass sich die Politik um ihre Schulen kümmert und bereit ist, eigentlich nicht vorhandenes Geld auszugeben“. Schnellschüsse ohne breite Beteiligung der Betroffenen seien hier aber der falsche Weg.
Auch Heike Tuda, Leiterin der Gustav-heinemann-realschule, sieht aufgrund des Beschlusses, dass zuerst nur die 5. und 6. Klassen mit LRG ausgestattet werden, Probleme auf ihre Schule zukommen. „Wir haben ja auch 5. und 6. Klassen, die in Fachräume gehen, wo dann keine Geräte stehen würden. Wie sollen wir das lösen?“, fragt sie sich. Zusätzlich seien die Räume der beiden Stufen – die Fünft- und Sechstklässler sind bereits umgezogen an den Standort der Sekundarschule – „sowieso schon voll“, da sie eher auf 25 Kinder oder Jugendliche ausgelegt seien und die Realschule eher über Klassenstärken von 30 verfüge. „Wo also sollen diese ominösen Lüftungsschränke noch Platz finden?“, fragt sie sich. Man habe die
LRG beim Testen an der Realschule bezüglich der Lautstärke „schon als zusätzliche Belastung“empfunden und sei sich nicht dessen bewusst gewesen, „dass das viel gebracht hat“, weil man sowieso zusätzlich habe lüften müssen. „Insofern hätte uns als Schule die andere Variante besser gefallen“, sagt Tuda.
Astrid Weidler, Leiterin am OttoHahn-gymnasium (OHG), beschäftigen die gleichen Fragen wie ihre Kollegen. „Wir am OHG sind nicht so ganz begeistert. Wir hätten die Ventilatoren bevorzugt“, sagt sie. Auch Weidler findet es „sehr begrüßenswert“, dass sich eine Elterninitiative gegründet habe und für die Belange von Schülern und Eltern eingetreten sei.
„Aber was mir leid tut, ist das Timing“, sagt sie. Sie hätte sich gewünscht, dass die Ratsmitglieder dem Verwaltungsvorschlag folgen und dass die Fensterventilatoren „zügig“zwei Wochen lang getestet werden. Leider aber sei diese Alternative zu spät ins Gespräch gebracht und politisch kaum diskutiert worden. „Doch es braucht Weitsicht, um zu gucken, was ist möglich, um pandemiefest zu werden. Insofern hätte ich es noch zukunftsweisender gefunden, wenn man sich die zwei Wochen noch mal genommen und dann fundiert entschieden hätte“, sagt Weidler.
„Die Politik hat versäumt, alle Lehrer, Eltern und Schüler mit ins Boot zu holen. Das finde ich ausgesprochen schade“Christof Schraven Leiter der Grundschule Am Weyer
„Die Stadt steht nun vor dem Problem einer europaweiten Ausschreibung. Das dauert, wie wir wissen“Daniel Tiszay Leiter Gustav-heinemann-gymnasium