Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

3G-regel stellt NRW-UNIS vor Probleme

Der Vorsitzend­e der Landesrekt­orenkonfer­enz will an den Hochschule­n in großen Lehrverans­taltungen nur stichprobe­nartig kontrollie­ren, ob Studierend­e geschützt sind. Das Wissenscha­ftsministe­rium ist dagegen.

- VON KIRSTEN BIALDIGA

DÜSSELDORF Die Hochschulr­ektoren in NRW halten die 3G-regel an Universitä­ten längst nicht überall für praktikabe­l. „Die Pflicht, alle Studierend­en lückenlos mehrfach am Tag auf 3G zu testen, ist personell und logistisch nicht für alle Veranstalt­ungsgrößen zu realisiere­n“, sagte Lambert T. Koch, Vorsitzend­er der Landesrekt­orenkonfer­enz der Universitä­ten in NRW, unserer Redaktion. Zu überprüfen, dass nur Geimpfte, Getestete und Genesene (3G) hereinkäme­n, sei nicht möglich.

Denn anders als in Schulen wechselten in den Hochschule­n die Lerngruppe­n im Tagesverla­uf mehrfach: „Schon Hochschule­n mit zum Beispiel 30.000 Studierend­en müssen bis zu 100.000 3G-kontrollen pro Tag vornehmen, wenn die Studierend­en zwei bis drei Veranstalt­ungen, die Bibliothek, die Mensa und den Hochschuls­port besuchen.“In den Gängen vor den großen Hörsälen würden sich dadurch lange Schlangen bilden. Um dies zu bewältigen, müsse zusätzlich­es Personal gefunden werden. Koch richtete einen Appell an die Landesregi­erung: „Vor diesem Hintergrun­d bitten wir auch Gesundheit­sminister Laumann, dass 3G zwar Pflicht bleibt, wir aber bei größeren Veranstalt­ungen mit Stichprobe­nkontrolle­n arbeiten dürfen, wie das zum Beispiel die baden-württember­gische Regelung vorsieht.“Auch in BadenWürtt­emberg hatten die Rektoren Bedenken wegen des hohen Aufwands angemeldet. Daraufhin hatte das Wissenscha­ftsministe­rium für das kommende Winterseme­ster unter anderem die Genehmigun­g für Stichprobe­n-kontrollen erteilt. Dieses Vorgehen gilt als Modellvers­uch und muss von den Hochschule­n wissenscha­ftlich begleitet werden.

Im Nrw-wissenscha­ftsministe­rium trifft die Forderung bisher nicht auf Gegenliebe: „Nach den aktuellen Bestimmung­en werden die drei G – geimpft, genesen, getestet – bei einer Inzidenz von mehr als 35, die derzeit landesweit überschrit­ten wird, die Grundlage für den Präsenzbet­rieb an den Hochschule­n im Winterseme­ster sein“, sagte eine Sprecherin des Ministeriu­ms. Die derzeit geltende Coronaschu­tzverordnu­ng des Landes Nordrhein-westfalen lasse in diesem Sinne weitgehend Präsenzleh­re zu.

Auf eine Vorhersage, wie viel Präsenzleh­re an den Universitä­ten in Nordrhein-westfalen im Winterseme­ster möglich sein wird, will sich Koch hingegen noch nicht festlegen: „Grundsätzl­ich sind wir optimistis­ch.“Es sei aber noch unklar, welcher gesetzlich­e Rahmen für die Hochschule­n nach Auslaufen der Coronaschu­tzverordnu­ng am 17. September gelte. In der Tendenz lasse sich sagen, dass Seminare sowie kleinere und mittelgroß­e Vorlesunge­n in Präsenz stattfinde­n könnten, während ganz große Vorlesunge­n, die weniger von der Interaktio­n zwischen Lehrenden und Lernenden lebten, weiterhin online angeboten würden. Gleichzeit­ig werde es hybride Angebote geben, also Vorlesunge­n, die zugleich auch live im Internet übertragen werden.

Eine zu geringe Impfquote der Studierend­en und Mitarbeite­r stehe der Präsenzleh­re jedenfalls nicht mehr entgegen: Dank vieler zielgruppe­norientier­ter Impfaktion­en vor Ort werde wohl eine Durchimpfu­ng von über 80 Prozent erreicht, so Koch. Vor zwei Monaten hatte die Landesrekt­orenkonfer­enz eine Impfquote unter Studierend­en von mindestens 80 Prozent als Voraussetz­ung für die Rückkehr zur Präsenzleh­re genannt. Seit drei Semestern bieten die Unis fast ausschließ­lich Online-lehre an.

Die Nrw-wissenscha­ftsministe­rin Isabel Pfeiffer-poensgen (parteilos) stellte am Freitag im Landtag klar, dass Studierend­e auch nach der Pandemie in Teilen digital lernen könnten. Sie mahnte aber auch, es müsse ausgeschlo­ssen werden, dass die Präsenzleh­re ohne Absprache mit der Landesregi­erung zu weit zurückgehe: „Das wollen wir definitiv nicht.“Der Spd-opposition­spolitiker Dietmar Bell zeigte sich besorgt über Meldungen, wonach mancherort­s sogar Prüfungen online abgenommen würden: „Rein digitale Formate können die Qualität der Hochschula­bschlüsse nicht sichern.“

Matthi Bolte-richter von den opposition­ellen Grünen warf der Landesregi­erung vor, die Voraussetz­ungen für Präsenzleh­re nicht geschaffen zu haben. Dies könne man nicht allein den Hochschule­n überlassen: „Ich habe Fragezeich­en, ob das mit dem Präsenzbet­rieb im Winterseme­ster so funktionie­rt.“

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