Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
3G-regel stellt NRW-UNIS vor Probleme
Der Vorsitzende der Landesrektorenkonferenz will an den Hochschulen in großen Lehrveranstaltungen nur stichprobenartig kontrollieren, ob Studierende geschützt sind. Das Wissenschaftsministerium ist dagegen.
DÜSSELDORF Die Hochschulrektoren in NRW halten die 3G-regel an Universitäten längst nicht überall für praktikabel. „Die Pflicht, alle Studierenden lückenlos mehrfach am Tag auf 3G zu testen, ist personell und logistisch nicht für alle Veranstaltungsgrößen zu realisieren“, sagte Lambert T. Koch, Vorsitzender der Landesrektorenkonferenz der Universitäten in NRW, unserer Redaktion. Zu überprüfen, dass nur Geimpfte, Getestete und Genesene (3G) hereinkämen, sei nicht möglich.
Denn anders als in Schulen wechselten in den Hochschulen die Lerngruppen im Tagesverlauf mehrfach: „Schon Hochschulen mit zum Beispiel 30.000 Studierenden müssen bis zu 100.000 3G-kontrollen pro Tag vornehmen, wenn die Studierenden zwei bis drei Veranstaltungen, die Bibliothek, die Mensa und den Hochschulsport besuchen.“In den Gängen vor den großen Hörsälen würden sich dadurch lange Schlangen bilden. Um dies zu bewältigen, müsse zusätzliches Personal gefunden werden. Koch richtete einen Appell an die Landesregierung: „Vor diesem Hintergrund bitten wir auch Gesundheitsminister Laumann, dass 3G zwar Pflicht bleibt, wir aber bei größeren Veranstaltungen mit Stichprobenkontrollen arbeiten dürfen, wie das zum Beispiel die baden-württembergische Regelung vorsieht.“Auch in BadenWürttemberg hatten die Rektoren Bedenken wegen des hohen Aufwands angemeldet. Daraufhin hatte das Wissenschaftsministerium für das kommende Wintersemester unter anderem die Genehmigung für Stichproben-kontrollen erteilt. Dieses Vorgehen gilt als Modellversuch und muss von den Hochschulen wissenschaftlich begleitet werden.
Im Nrw-wissenschaftsministerium trifft die Forderung bisher nicht auf Gegenliebe: „Nach den aktuellen Bestimmungen werden die drei G – geimpft, genesen, getestet – bei einer Inzidenz von mehr als 35, die derzeit landesweit überschritten wird, die Grundlage für den Präsenzbetrieb an den Hochschulen im Wintersemester sein“, sagte eine Sprecherin des Ministeriums. Die derzeit geltende Coronaschutzverordnung des Landes Nordrhein-westfalen lasse in diesem Sinne weitgehend Präsenzlehre zu.
Auf eine Vorhersage, wie viel Präsenzlehre an den Universitäten in Nordrhein-westfalen im Wintersemester möglich sein wird, will sich Koch hingegen noch nicht festlegen: „Grundsätzlich sind wir optimistisch.“Es sei aber noch unklar, welcher gesetzliche Rahmen für die Hochschulen nach Auslaufen der Coronaschutzverordnung am 17. September gelte. In der Tendenz lasse sich sagen, dass Seminare sowie kleinere und mittelgroße Vorlesungen in Präsenz stattfinden könnten, während ganz große Vorlesungen, die weniger von der Interaktion zwischen Lehrenden und Lernenden lebten, weiterhin online angeboten würden. Gleichzeitig werde es hybride Angebote geben, also Vorlesungen, die zugleich auch live im Internet übertragen werden.
Eine zu geringe Impfquote der Studierenden und Mitarbeiter stehe der Präsenzlehre jedenfalls nicht mehr entgegen: Dank vieler zielgruppenorientierter Impfaktionen vor Ort werde wohl eine Durchimpfung von über 80 Prozent erreicht, so Koch. Vor zwei Monaten hatte die Landesrektorenkonferenz eine Impfquote unter Studierenden von mindestens 80 Prozent als Voraussetzung für die Rückkehr zur Präsenzlehre genannt. Seit drei Semestern bieten die Unis fast ausschließlich Online-lehre an.
Die Nrw-wissenschaftsministerin Isabel Pfeiffer-poensgen (parteilos) stellte am Freitag im Landtag klar, dass Studierende auch nach der Pandemie in Teilen digital lernen könnten. Sie mahnte aber auch, es müsse ausgeschlossen werden, dass die Präsenzlehre ohne Absprache mit der Landesregierung zu weit zurückgehe: „Das wollen wir definitiv nicht.“Der Spd-oppositionspolitiker Dietmar Bell zeigte sich besorgt über Meldungen, wonach mancherorts sogar Prüfungen online abgenommen würden: „Rein digitale Formate können die Qualität der Hochschulabschlüsse nicht sichern.“
Matthi Bolte-richter von den oppositionellen Grünen warf der Landesregierung vor, die Voraussetzungen für Präsenzlehre nicht geschaffen zu haben. Dies könne man nicht allein den Hochschulen überlassen: „Ich habe Fragezeichen, ob das mit dem Präsenzbetrieb im Wintersemester so funktioniert.“