Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Corona: Eltern unsicher bei Schulfahrten
Manche Eltern sind besorgt, dass ihre Kinder vor Klassenfahrten nicht ausreichend getestet werden. Spd-bildungsexperte Ott fordert klare Regeln und die Übernahme von Rücktransporten durch die Landesregierung.
DÜSSELDORF Bei Eltern, Schülern und Lehrern besteht eine zunehmende Unsicherheit über die Durchführung von Klassen- und Schulfahrten im neuen Schuljahr. Grundsätzlich erlaubt das nordrhein-westfälische Schulministerium solche Ausflüge, verlangt aber eine umfangreiche Corona-testung und die Übernahme von Kosten, wenn eines der Kinder sich während der Schulfahrt mit dem Coronavirus infiziert.
Massiven Ärger löste jetzt eine Entscheidung der Leitung einer weiterführenden Schule in Nümbrecht im Oberbergischen Kreis aus: Dort wollten Eltern am vergangenen Freitag einen Pcr-pooltest organisieren, weil sie die vom Schulministerium vorgeschriebenen AntigenSelbsttests für zu unsicher hielten. Die Testung sollte in der ersten Unterrichtsstunde durchgeführt werden. Die Eltern wollten den von einem Labor angebotenen Test selbst bezahlen und hatten bereits die Zusage des örtlichen Gesundheitsamts und der Bezirksregierung Köln.
Trotzdem lehnte die Schulleitung in Nümbrecht den Gruppentest ab, weil so etwas während der
Unterrichtszeit laut Schulministerium nicht erlaubt sei. Die Bezirksregierung bestätigte später den Beschluss der Schulleitung. Die Eltern sind nun aufgebracht, weil eine Testung vor Schulbeginn in einem ländlichen Gebiet mit festen SchulbusZeiten nicht möglich sei. Jetzt fahren die Kinder zunächst ohne Tests auf Klassenfahrt.
Der bildungspolitische Sprecher der Spd-landtagsfraktion, Jochen Ott, kritisierte das Vorgehen der Schulleitung und die Vorgaben des Schulministeriums. „Ministerin Yvonne Gebauer sollte einheitliche Regeln für das Testen vorgeben. Dabei muss es Eltern auch möglich sein, flexibel vor Ort nach Lösungen zu suchen“, sagte der Spd-abgeordnete unserer Redaktion.
In den Corona-regeln zum neuen Schuljahr verlangt das Ministerium, dass die mitfahrenden Kinder und Jugendlichen einen Negativtest vorlegen müssten. Alternativ berechtigt auch eine Impfung oder eine Genesung die Teilnahme an der Klassenfahrt. Allerdings ist kein PCRTest erforderlich. Es reicht, wenn die Schülerinnen und Schüler am Ziel der Klassenfahrt einen Bürgertest machen oder vorher einen Antigen-selbsttest aus Beständen der Schule durchführen. Der SPD-POLItiker Ott hält diese Regelung für unklar: „Die Eltern und Schüler werden allein gelassen.“Das Land sollte deshalb Unsicherheit bei den Eltern möglichst vermeiden.
Das Schulministerium unter Führung der Fdp-ministerin Yvonne Gebauer empfiehlt den Schulen, bei Klassenfahrten sehr vorsichtig vorzugehen. Die Organisation und Durchführung solcher Ausflüge erfolgt laut Ministerium in eigener Verantwortung der Schule. Dabei sollten die Träger bedenken, ob eine Klassenfahrt nicht zu viel Zeit für den Unterricht wegnimmt. Denn Vorrang hätte jetzt das Aufholen des durch die Corona-pandemie verpassten Schulstoffs.
Sollte ein Kind sich während der Klassenfahrt anstecken, müssen die Eltern für den Rücktransport aufkommen und auch sonstige Kosten tragen. Das gilt auch für möglicherweise anfallende Stornierungskosten. Das Nrw-schulministerium empfiehlt deshalb den Eltern, vor Beginn einer Klassenfahrt eine Reiserücktrittsversicherung abzuschließen.
Auch das hält Spd-bildungssprecher Ott für nicht angemessen. Er verwies auf einen Fall aus Nordrhein-westfalen, bei dem sich ein Kind auf einer Nordseeinsel mit dem Coronavirus ansteckte und nicht mehr mit der Fähre zurückfahren durfte. „Stattdessen musste das Kind ausgeflogen werden – mit immensen Kosten“, sagte er. Die meisten Eltern würde ein solcher Fall finanziell überfordern. Aber auch der Abschluss einer Reiserücktrittsversicherung würde gerade ärmere Eltern vor Probleme stellen. Jochen Ott fordert deshalb eine Übernahme möglicher Krankheits- und Transportkosten durch das Land. Bei 2,5 Millionen Schülerinnen und Schülern kämen teure Rücktransporte vergleichsweise selten vor. Das Land könne deshalb die einmaligen Kosten besser übernehmen, als wenn alle Eltern eine Reiserücktrittsversicherung abschließen würden.
Viele Schulen setzen schon jetzt auf dezentrale Lösungen im neuen Schuljahr, um den Präsenzunterricht ungestört durchführen zu können. So misst eine Gesamtschule in Bielefeld alle Schülerinnen und Schüler morgens mit einem Fieberthermometer. Wenn Kinder oder Jugendliche eine höhere Temperatur als 37,5 Grad haben, werden sie nach Hause geschickt.
Erst vor Kurzem hatte das NRWGesundheitsministerium die Quarantäne-regeln in den Schulen geändert. Jetzt müssen nur noch die infizierten Kinder zu Hause bleiben, nur in Ausnahmefällen auch ihre direkte Umgebung aus dem Klassenzimmer. Auch die Zahl der wöchentlichen Tests wurde von zwei auf drei angehoben.