Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Zahl der Gruppenver­gewaltigun­gen ist in NRW gestiegen

- VON CLAUDIA HAUSEER

DÜSSELDORF Im Juni 2019 wird eine 51-Jährige im Düsseldorf­er Hofgarten von zwei Männern vergewalti­gt. Sie sind 16 und 18 Jahre alt und wurden inzwischen zu mehrjährig­en Jugendstra­fen verurteilt. Fünf andere junge Männer werden im Herbst 2018 vor dem Landgerich­t Essen für gemeinscha­ftlich begangene Vergewalti­gungen an mindestens sechs Mädchen verurteilt. Wie viele Opfer es in diesem Fall gab, konnte bis jetzt nicht geklärt werden.

Es sind zwei von vielen Fällen, in denen sich Männer zusammentu­n, um Frauen sexuell zu nötigen, zu bedrängen und zu vergewalti­gen. Statistisc­h gesehen geschieht in NRW an jedem zweiten Tag eine Gruppenver­gewaltigun­g. Gemeinscha­ftlich begangen wurde eine Vergewalti­gung dann, wenn mindestens zwei Täter beteiligt waren. Die Zahl von 185 Fällen hatte das Nrw-innenminis­terium zuletzt für das Jahr 2020 mitgeteilt. Sie verdeutlic­ht einen Anstieg: 2018 wurden 149 Fälle bekannt, 2019 waren es 151. Deutschlan­dweit wurden nach Angaben des Bundeskrim­inalamts vergangene­s Jahr 704 Gruppenver­gewaltigun­gsverfahre­n eingeleite­t.

Das Nrw-innenminis­terium teilte weiter mit, dass mehr als 40 Prozent der Tatverdäch­tigen 2020 nicht-deutscher Herkunft waren. Auf Nachfrage schlüsselt­e das Landeskrim­inalamt auf, dass 112 von 243 Tatverdäch­tigen keinen deutschen Pass hatten, am stärksten vertreten waren Tatverdäch­tige aus dem Irak (14), aus

Syrien (13) und Afghanista­n (elf). 131 Tatverdäch­tige waren Deutsche.

„Natürlich ist jede Vergewalti­gung eine zu viel“, sagt Irmgard Kopetzky, die beim Kölner Verein „Frauen gegen Gewalt“vergewalti­gte Frauen berät. Die Diplom-sozialpäda­gogin warnt aber mit Blick auf die ebenfalls hohe Gesamtzahl von Sexualstra­ftaten in NRW vor Skandalisi­erungen. Insgesamt gab es laut Kriminalst­atistik 2020 landesweit 2508 Vergewalti­gungen. 2019 waren es 2282 Fälle. Die Opfer einer Gruppenver­gewaltigun­g sind laut Kopetzky eher Mädchen und junge Frauen. Die Täter – meist auch eher jünger – seien keine Fremden, sondern stammten meist aus dem Umfeld der Opfer. „Die Erfahrungs­werte auch anderer Beratungss­tellen zeigen, dass es für die Frauen, die eine Gruppenver­gewaltigun­g durchmache­n mussten, eher irrelevant ist, welche Nationalit­ät die Täter hatten“, sagt Kopetzky.

Die Gründe für den Anstieg der Zahlen sind unklar. Bei Sexualstra­ftaten zeichnet sich aber insgesamt ein veränderte­s Anzeigever­halten ab. Mehr Frauen wagen den Schritt, zur Polizei zu gehen, wodurch mehr Taten bekannt werden. Dazu haben die Diskussion­en um die Kölner Silvestern­acht, die „Me too“-debatte, aber auch die Reform des Sexualstra­frechts geführt, bei der der Grundsatz „Nein heißt Nein“im Gesetz verankert wurde.

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