Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
„Angela Merkel möchte ihre Politik weitergeführt sehen“
RALPH BRINKHAUS Der Unionsfraktionschef über die größten Unterschiede zwischen Union und Rot-grün – und die Einmischung der Kanzlerin in den aktuellen Wahlkampf.
Herr Brinkhaus, was braucht es auf den letzten Metern für die Union? BRINKHAUSWIR brauchen eine klare Abgrenzung in Sachfragen. Es gibt viele inhaltliche Unterschiede zwischen uns und einer Rot-grün-plusKoalition. Es geht um Fragen der inneren und äußeren Sicherheit. Wir haben auch einen deutlich anderen europapolitischen Ansatz: Die SPD ist für eine Fiskal- und Schuldenunion, die Grünen und die Linken auch, sie ist für eine Europäische Arbeitslosenversicherung, die Belastung von Wirtschaft und Unternehmen.
Die Unterschiede sind riesig.
Wie sehen diese genau aus? BRINKHAUS Olaf Scholz hat sich schon bei den Beratungen zum Europäischen Wiederaufbaufonds gefreut, dies sei jetzt der Moment, in dem wir als EU gemeinsam Schulden aufnehmen. Im Spd-wahlprogramm steht außerdem, dass die Partei eine europäische Arbeitslosenversicherung anstrebt. Das heißt, dass wir auch für Arbeitslose in Portugal oder Griechenland haften sollen. Auch beim Thema Migration gibt es große Gegensätze. SPD, Linke und Grüne stehen für eine sehr offene Migrationspolitik – wir dagegen stehen für eine geordnete Zuwanderung, die unsere Sozialsysteme nicht überlastet. Mich wundert es, dass diese Themen im Wahlkampf noch nicht mehr zum Tragen gekommen sind.
Die Bundeskanzlerin hat sich in den Wahlkampf eingemischt?
Wie kam diese prominente Unterstützung an?
BRINKHAUS Das ist sehr gut angekommen, es zeigt, dass wir alle zusammenstehen. Ich kann die Kritik an ihrem Auftritt im Bundestag auch nicht nachvollziehen. Sie ist die Bundeskanzlerin und nicht die Bundespräsidentin. Kanzlerin Merkel möchte ihre Politik weitergeführt sehen – und dass sie sich dabei für Armin Laschet und nicht für Olaf Scholz einsetzt, ist mehr als legitim. Die Aufregung, die entstanden ist, zeigt nur, wie nervös einige sind.
Wie ist die Stimmung in der Fraktion gerade? BRINKHAUS Wir sind alle entschlossen zu kämpfen und auch überzeugt, dass wir das am Ende noch drehen können. Jeder ist mit 120 Prozent Einsatz dabei. Wir wollen für die
Mitte kämpfen, die leise bürgerliche Mitte, die in diesem Wahlkampf bislang nicht zu Wort gekommen ist.
Sie haben uns gesagt, dass Sie Fraktionsvorsitzender bleiben wollen. Gilt das weiterhin?
BRINKHAUS Alles zu seiner Zeit, erst einmal wollen wir ein gutes Wahlergebnis. Ich möchte gerne Fraktionsvorsitzender bleiben – aber das hat gerade keine Priorität.