Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Tischrituale von Kindern beobachten
KÖLN (dpa) Viele Kinder und Heranwachsende beginnen schon früh damit, auf ihr Gewicht zu achten. Hinter manchem Verhalten kann sich eine Magersucht verbergen, warnt der Berufsverband der Kinderund Jugendärzte (BVKJ).
Denn mit sehr langsamen Essen, ausgiebigem Kauen und einer pingeligen Nahrungsauswahl wird oftmals versucht, Kalorien zu vermeiden oder zu verringern, erläutern die Experten. Weitere Anzeichen für eine Essstörung könnten sein: übermäßiger Sport, die Einnahme von Abführmitteln und selbst herbeigeführtes Erbrechen. Auch ein weniger offensichtliches Verhalten – etwa eine Wärmflasche auf dem Bauch um die Fettverbrennung anzukurbeln – kann ein Indiz hierfür sein.
Besonders wenn das Gewicht eines Kindes trotz Wachstums stagniert oder es sogar abnimmt, sollten Eltern genau hinschauen. Auch wenn es sich nicht um Magersucht handelt, kann dahinter etwas Anderes stecken wie eine entzündliche Darmerkrankung oder Schilddrüsenprobleme.
Bleiben bei Mädchen bereits eingesetzte Monatsblutungen wieder aus, ist dies ein weiteres Warnzeichen. Mädchen erkranken den Angaben zufolge etwa acht bis zehn Mal häufiger als Jungen an einer Essstörung. In jedem Fall sollten die Eltern einen Jugendarzt befragen, um möglichst frühzeitig eingreifen zu können, empfiehlt der BVKJ.
Experten gehen inzwischen davon aus, dass genetischebiologische Faktoren eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung einer Magersucht spielen. Einschneidende Ereignisse wie eine Scheidung der Eltern oder ein Schulwechsel können dann zum Auslöser für den Ausbruch einer Essstörung werden.
Von den drei Erkrankungsformen der Essstörung ist die Binge-eating-störung (die sogenannte Fresssucht) die häufigste, gefolgt von der Bulimie. Die bekannteste Form, die Magersucht, tritt am seltensten auf. Von 1000 Mädchen und Frauen erkranken im Laufe ihres Lebens durchschnittlich etwa 28 an einer Binge-eatingStörung, 19 an Bulimie und 14 an Magersucht. Mischformen treten mindestens so häufig auf wie die „Reinformen“der Erkrankung.