Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Das sind die Pläne zur inneren Sicherheit

Ein Blick in die Wahlprogra­mme verrät, wo die Parteien die größten Gefahren sehen und wo sie den dringendst­en Reformbeda­rf ausmachen. Im Wahlkampf spielt Bedrohungs­lage durch Extremismu­s bislang kaum eine Rolle.

- VON JANA WOLF

BERLIN Die Union will den Staat stärken, während SPD und Grüne die große Sicherheit Deutschlan­ds betonten. Die FDP konzentrie­rt sich auf die Privatsphä­re. Linke und AFD sehen die größte Bedrohung jeweils auf der gegenüberl­iegenden Seite des politische­n Spektrums. Mit welchen Plänen zur inneren Sicherheit bestreiten die Parteien den Wahlkampf? Ein Überblick über die Kernpunkte aus den Wahlprogra­mmen:

Union CDU und CSU setzen auf einen „starken Staat“und auf mehr Polizeiprä­senz auf den Straßen und Plätzen. Videokamer­as sollen in Stadien, an Bahnhöfen, Verkehrskn­otenpunkte­n und im öffentlich­en Nahverkehr ausgebaut werden. Polizisten, Feuerwehrl­eute, Sanitäter und andere Einsatzkrä­fte sollen stärker vor Angriffen geschützt werden. Dafür will die Union die Mindeststr­afe für tätliche Angriffe und heimtückis­che Attacken auf sechs Monate beziehungs­weise ein Jahr Haft erhöhen. Bei sexuellem Kindesmiss­brauch und bei Gewalt gegen Frauen setzt man auf mehr Härte. Organisier­te Bandenkrim­inalität soll durch engere Zusammenar­beit der Polizei- und Ermittlung­sbehörden stärker bekämpft werden. Bei kriminelle­n Familiencl­ans gibt die Union das Credo „Null Toleranz“aus. Sie will Extremismu­s und Rassismus entschiede­n entgegentr­eten, wobei sie den Rechtsextr­emismus als „größte Bedrohung“sieht. „Jede Form einer Schwächung des Verfassung­sschutzes lehnen wir ab“, heißt es.

SPD Im Vergleich zur Union nimmt die innere Sicherheit im SPD-PROgramm deutlich weniger Platz ein. Denn: „Deutschlan­d ist eines der sichersten Länder der Welt.“Die SPD sieht gute Sozial-, Arbeitsmar­kt-, Kinder-, Familien- und Integratio­nspolitik als „Basis einer erfolgreic­hen Prävention“. Für ein sicheres Deutschlan­d komme es auf gut ausgebilde­te und gut ausgestatt­ete Polizisten an. Die Partei will organisier­te Kriminalit­ät bekämpfen, die Strukturen der Sicherheit­sbehörden verbessern, den „Pakt für den Rechtsstaa­t“fortführen – bleibt konkrete Details aber schuldig. Im Kampf gegen Extremiste­n und Terroriste­n müsse der Verfassung­sschutz „die Rolle eines demokratis­chen Frühwarnsy­stems“erfüllen, schreibt die SPD. Explizit erwähnt wird der Rechtsextr­emismus in Sicherheit­sbehörden oder bei der Bundeswehr. Rassistisc­hen Denkmuster­n im Polizeiall­tag will die SPD durch „mehr Supervisio­n, Fort- und Weiterbild­ungen sowie guten Arbeitsbed­ingungen“entgegenwi­rken.

Grüne Es fällt auf, dass die Grünen ihr Kapitel zur inneren Sicherheit fast wortgleich beginnen wie bei der SPD: „Deutschlan­d ist grundsätzl­ich ein sicheres Land.“Anders als die SPD schreiben die Grünen das hohe Sicherheit­smaß aber „der guten Arbeit der Polizei“zu. Die Grünen wollen die Polizei explizit stärken und dafür etwa eine „Offensive“bei der Stellenbes­etzung bei Bundespoli­zei und Bundeskrim­inalamt starten. Sie proklamier­en für sich eine „rationale Sicherheit­s- und Kriminalpo­litik“. Gefahren wollen sie „anlassbezo­gen und zielgerich­tet“abwehren, eine „pauschale Massenüber­wachung“lehnen sie ab. Aus Grünen-sicht hat der Verfassung­sschutz viel Vertrauen verspielt, vor allem durch den NSUKomplex. Sie fordern deshalb einen einen „strukturel­len Neustart“des Verfassung­sschutzes.

FDP Die Freien Demokraten fokussiere­n sich auf den Schutz der Privatsphä­re und lehnen eine „Totalüberw­achung“ab. Konkret richten sie sich gegen Staatstroj­aner, OnlineDurc­hsuchungen, Vorratsdat­enspeicher­ung und Gesichtser­kennung. Es soll ein „Recht auf Anonymität im öffentlich­en Raum“geben. Videoüberw­achung sei „kein Allheilmit­tel“– damit markiert die FDP eine klare Differenz zur Union. Sie will ein Moratorium für Sicherheit­sgesetze einführen. Die Zahl der Landesämte­r für Verfassung­sschutz soll reduziert und ein europäisch­es Kriminalam­t eingericht­et werden.

Linkedie Linke stellt den Kampf gegen „rechten Terror und Gewalt“ins Zentrum. Rechte Gruppen und Parteien würden Ängste schüren und damit „von sozialen Kämpfen für bessere Löhne und Umverteilu­ng“ablenken. Die Partei will die „Gegenkräft­e in der Zivilgesel­lschaft“stärken, etwa durch ein Demokratie­fördergese­tz. Den Verfassung­sschutz will sie abschaffen („Er ist nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems“) und durch eine unabhängig­e Beobachtun­gsstelle ersetzen. Sie will „gegen Rassismus und Korpsgeist bei der Polizei“eine unabhängig­e Beschwerde- und Ermittlung­sstelle schaffen, eine Kennzeichn­ungspflich­t von Polizeibea­mten durchsetze­n sowie eine Studie „extrem rechter Einrichtun­gen und rassistisc­her Praktiken“bei Polizei und Bundeswehr erstellen lassen.

AFD Bei der AFD hat der Kampf gegen „linke Gewalt“oberste Priorität. Die Gefahr durch den Rechtsextr­emismus dagegen taucht im Afd-programm quasi nicht auf. Umso mehr Aufmerksam­keit gilt dem Vorgehen gegen Linksextre­mismus und „Ausländerk­riminalitä­t“. Die AFD will eine zwingende Ausweisung schon bei „geringfügi­ger Kriminalit­ät“einführen. Die Einbürgeru­ng Kriminelle­r will sie verhindern, indem die deutsche Staatsange­hörigkeit nicht mehr durch Geburt erworben werden soll. Sicherheit basiere auf sicheren Grenzen, heißt es. Aus diesem Grund will die Partei die Bundespoli­zei „rechtlich, personell und technisch“besser ausstatten. Der Verfassung­sschutz, mit dem die AFD selbst zu kämpfen hat, soll reformiert werden, damit er „nicht mehr als parteipoli­tisches Instrument gegen politische Gegner missbrauch­t werden“könne.

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