Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Eine Reise ins bayerische Idyll
Den Tegernsee bezeichnen manche salopp als hübschen Teich im Vorgarten Münchens, andere als die Hamptons der Bayern-metropole. Bekannte Fußballspieler haben hier ihre Zelte aufgeschlagen, Wohlhabende und Mächtige stellen ihren Reichtum in modernen Trutzburgen zur Schau. Daneben die Einheimischen, die im Laufe der Jahrzehnte ihrem See mehr und mehr den vielfältigen touristischen Anstrich gaben, der heute erholungssuchende Menschen in Scharen in den Süden lockt.
Urlaub am Tegernsee, das bedeutet mehr als 100 Jahre alte Jod-schwefel-quellen, eine Vielfalt an Hotels, Restaurants und Wellness-tempeln. Das Tegernseer Tal liegt etwa 50 Kilometer südlich von München, am Rande der bayerischen Voralpen. Wanderer, die die eigenwillige Landschaft inklusive Heilklima erkunden wollen, kamen schon immer auf ihre Kosten: Glasklare Gebirgsbäche speisen den Tegernsee, der zu den saubersten Gewässern Deutschlands zählt. 6,5 Kilometer ist er lang, 1,4 Kilometer breit. Ausgiebige Spaziergänge rund um das Gewässer sind also an der Tagesordnung und empfehlenswert.
Jede der vier Gemeinden Bad Wiessee, Gmund, RottachEgern und Kreuth sowie die Stadt Tegernsee konnten sich ihren eigenständigen und typischen Charakter bewahren. Heilquellen und spezialisierte Kliniken ziehen die Menschen etwa nach Bad Wiessee. Oberhalb dieses Ortes liegt Gmund mit seiner alteingesessenen Büttenpapier-fabrik. Gmund ist das Tor zum Tegernsee und wird für seine altehrwürdigen Höfe und Alleen mit knorrigen Bäumen geschätzt. Mountainbiker starten hier zu mehrtägigen Touren. Die südlichste Gemeinde ist Kreuth, hier ist aus einem etwas heruntergekommenen Hotel vor gut zehn Jahren das Schmuckstück Bachmair Weissach mit seinem Mizu Onsen-spa im japanischen Stil entstanden. Nach der Sauna geht es ins wahlweise zehn oder zwei Grad kalte Wasserbecken, dann in den mit Zirbenholz ausgekleideten Ruheraum – und danach am besten gleich ins Bett zur vollkommenen Erholung. Draußen fließt der Mühlbach mitten durch das Resort. Besitzer ist Korbinian Kohler, der seinen Geschäftsführer-posten in der Büttenpapier-fabrik am Anfang des Jahrtausends aufgab und fortan als Immobilienentwickler und Hotelier weitermachte. Am Tegernsee hat Kohler touristisch schon einiges bewegt, doch er hat noch Größeres vor: Das legendäre Sanatorium Wildbad Kreuth, jahrzehntelang im Januar Tagungsort der CSU, baut Kohler zu einem Mental Retreat um. Es soll von 2025 an in Wildbad Kreuth Gäste anziehen, die offen sind für philosophische, medizinische und spirituelle Anreize. Auch eine Wanderung auf den Wallberg – zu Fuß oder per Seilbahn – ist ein Erlebnis. Dort kann man in das alte – und ebenfalls von Kohler modernisierte – Wallberghaus einkehren, den Sonnenuntergang genießen und auch übernachten.
Vom Luxushotel mit Sternekoch über Ferienhäuser und -wohnungen, Pensionen und Gasthäuser – der Tegernsee bietet 11.000 Betten bei fast 700 Gastgebern, für jeden Geschmack ist etwas dabei. Dazu zählt auch ein weiteres FünfSterne-haus: das Seehotel Überfahrt in Rottach-eggern, wo Dreisternekoch Christian Jürgens in der Küche steht.
Die Bandbreite ist also groß – in Rottach-eggern wie am gesamten Tegernsee. Für Reisen mit Hund bietet sich die Region ebenfalls an. Allein in Deutschland leben rund zehn Millionen der Vierbeiner. Der
Deutsche Tourismusverband (DTV) zeichnet Unterkünfte nicht mehr nur mit Sternen aus, sondern auch mit Pfoten, um Hundehaltern Urlaub mit Vierbeinern in Deutschland zu erleichtern. Fünf Pfoten, die Bestnote, hat Heidi Luttke für ihr Ferienhaus „Tegernseetraum“in Rottach-egern abgeräumt. Neu dabei sind nun in Gmund auch die „Tegernsee Suites“von Ina Lessacher mit fünf Sternen und vier Pfoten.
Mit der Digitalisierung verändert sich auch der Urlaub. Einer der wichtigsten Trends im Tourismus sind derzeit auf den Gast zugeschnittene Apps. Die Tegernseer Tal Tourismus Gmbh ( TTT) entwickelt eine Web-app, die es ermöglichen soll, Gästen während ihres Aufenthalts auf dem Smartphone einen digitalen Reisebegleiter zur Verfügung zu stellen.
Da gibt es etwa eine Erkundungsfahrt rund um den Tegernsee mit emissionsfreien E-rollern – auch zu zweit lässt sich eine ereignisreiche Tour machen. Außerdem: Neben der Wallbergbahn führt auch die Suttenbahn zu einem beeindruckenden Panorama. Die so von Rottach-eggern aus erreichbare Bergwelt gehört zu den schönsten Wandergebieten in den bayerischen Voralpen. Yoga Tegernsee Shala hat seinen Sitz in Gmund, die Lehrer sorgen für Entschleunigung mittels Ashtanga Yoga und Yin Yoga. Im Ortskern gibt es ein Museum mit ausgesuchten Werken von Olaf Gilbransson – der erlangte als Karikaturist der legendären Münchner Satire-zeitung „Simplicissimus“internationalen Ruhm. Mehr über die traditionsreiche Region Altbayerns können Besucher im Museum Tegernseer Tal erfahren. In 17 Räumen sind Geschichten zu Wohnkultur, Brauchtum und Tracht er
lebbar. Ihr Glück mit Rot und Schwarz können Besucher in der Spielbank Winner's Lounge in Bad Wiessee versuchen.
Käse direkt von der Kuh ist am Tegernsee kein bloßer Slogan: Einen Besuch wert ist die Naturkäserei Tegernseerland in Kreuth, wo Bauern der Region ihre Heumilch-spezialitäten verkaufen und die eindrucksvollen Zusammenhänge zwischen Natur, Landwirtschaft und Ernährung anschaulich machen. Während vornehmlich die Heranwachsenden in der Spielarena in Bad Wiessee toben, klettern und rutschen, können sie das hier sicher gemeinsam mit ihren Eltern machen: anschnallen und mit dem Schlepplift den Oedberg rauf und mit Schmackes rasant über Steilkurven wieder bergab ins Tal.
Der Tegernsee schimmert lichtblau, smaragdgrün oder türkis. Er ist umgeben von Almen und Bergen. Als Outdoor-paradies gilt der See bei Schwimmern, Seglern und Surfern. Auch Skifahrer und Wanderer können diese „Seemomente“genießen. Wer es entschleunigt mag, dem bietet der Tegernsee 18 zertifizierte Nordic-walking-strecken mit insgesamt 113 Kilometer Länge. Wer noch mehr Idylle und Zurückgezogenheit wünscht und die nicht gerade in einem Wellness-tempel sucht, der kann – fernab vom Großstadtrummel und Straßenlärm– Urlaub auf dem Bauernhof machen.