Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Streit um ungeklärte Vaterschaft: Voerder stach zu
DINSLAKEN/VOERDE/DUISBURG (bm) Die gravierendste Tat, für die sich ein 35-jähriger Mann aus Voerde vor dem Landgericht Duisburg verantworten musste, war in mehr als einer Hinsicht eine Familiensache. Am 8. August 2020 hatte der Angeklagte in Dinslaken seinen eigenen Bruder durch einen Angriff mit einem Teppichmesser schwer verletzt. Er schlitzte ihm fast auf ganzer Länge den linken Arm auf. Dahinter stand ein Streit um eine Vaterschaft.
Die Ex-freundin des 35-Jährigen war schwanger. Als möglicher Vater kam allerdings auch der Bruder des Angeklagten in Betracht. In seiner Wut hatte der 35-Jährige die junge Frau bereits im Juni in Eppinghoven massiv beleidigt und bedroht. Seinem Bruder hatte er die Wohnungstür Tür eingetreten.
Für andere Taten waren dagegen eher die Drogensucht des Angeklagten und dessen Psyche verantwortlich. So versuchte er einen Bekannten in dessen Wohnung in Dinslaken zu berauben und stahl ihm am Ende eine Geldbörse. Einer Zeugin stach er auf offener Straße ein Obstmesser in das Gesäß. Die Frau erlitt eine neun Zentimeter tiefe und sehr schmerzhafte Verletzung.
Nach Ansicht eines psychiatrischen Gutachters war der Angeklagte, der bei allen Taten unter dem Einfluss von Rauschmitteln und durch die Sucht ausgelöste Wahnvorstellungen stand, nur eingeschränkt schuldfähig gewesen. Anzeichen für eine vollständige Aufhebung der Schuldfähigkeit vermochte der
Mediziner allerdings nicht zu erkennen.
Das lag schon allein daran, dass der Angeklagte sich an die meisten Taten noch ganz gut erinnern konnte. Die meisten Vorwürfe räumte er während des viertägigen Prozesses ein. Und er entschuldigte sich bei allen Zeugen – außer bei seinem Bruder. Eine einfache Entschuldigung im Gerichtssaal hielt der Angeklagte angesichts der Vorkommnisse für nicht ausreichend. Der Bruder hatte im Zeugenstand von seinem Recht
Gebrauch gemacht, nicht gegen den angeklagten Verwandten auszusagen.
Wegen versuchten Raubes, Diebstahls, zweifacher Bedrohung, Beleidigung, einfacher und gefährlicher Körperverletzung verurteilte die Strafkammer den 35-Jährigen zu viereinhalb Jahren Haft. Strafschärfend bewertete das Gericht die einschlägigen Vorstrafen des Angeklagten. Einen großen Teil der Strafe wird der Drogensüchtige in einer Entziehungsanstalt verbringen.