Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

„Es geht um die Zukunft“

Der Sozial-o-mat der Diakonie Deutschlan­d will Erstwählen­den bei ihrer Wahlentsch­eidung helfen. Im Interview erklärt die Sozialpoli­tik-vorständin Maria Loheide, was das Angebot für junge Menschen bereithält.

- VON JANNA KÜHNE, TEXTHELDEN­REDAKTEURI­N

Am 26. September wird gewählt. In diesem Jahr können dabei auch 2,8 Millionen Erstwählen­de ihren Stimmzette­l abgeben und mitentsche­iden, welchen Kurs die neue Regierung einschlage­n soll. Schließlic­h wird es in der kommenden Legislatur­periode um wichtige Fragen gehen, die die Zukunft wesentlich beeinfluss­en: Wird es gelingen, durch gezielte Maßnahmen den Klimawande­l einzugrenz­en? Wie stellt sich das Gesundheit­ssystem auf Herausford­erungen wie die CoronaPand­emie ein, die auch weiterhin das gemeinscha­ftliche Leben beeinfluss­en wird? Wem im WahlkampfW­irrwarr noch die Orientieru­ng fehlt und wer sich fragt, welche Haltung die Parteien zu wichtigen sozialpoli­tischen Themen vertreten, muss sich nicht durch Hunderte Seiten Wahlprogra­mm quälen. Stattdesse­n kann der Sozial-o-mat der Diakonie Deutschlan­d dabei helfen, die zur eigenen Meinung passende Partei ausfindig zu machen. Maria Loheide, Vorständin Sozialpoli­tik bei der Diakonie Deutschlan­d, erklärt, warum der Sozial-o-mat für Erstwählen­de besonders interessan­t ist.

Der Wahl-o-mat hat sich als Wahlentsch­eidungshil­fe etabliert. Warum zusätzlich der Sozial-o-mat?

Der Sozial-o-mat war bereits zur Bundestags­wahl 2017 und zur Europawahl 2019 in Aktion. Unser Anliegen ist es bei dieser Wahl, die sozialen Themen in den Mittelpunk­t zu rücken. Wir wollen, dass sich Menschen über wichtige gesellscha­ftliche Fragen Gedanken machen und sich informiere­n, welche Positionen die Parteien dazu haben. Denn es betrifft uns alle, was in den nächsten vier Jahren in der Sozialpoli­tik passiert. Mit dem Sozial-o-mat wollen wir diese Themen auf verständli­che Art und Weise in die Diskussion einbringen.

Warum ist der Sozial-o-mat gerade für junge Wählende geeignet?

Der Sozial- O- Mat ist für Erstwählen­de ein super Einstieg, um sich mit der Sozialpoli­tik der einzelnen Parteien vertraut zu machen. Er ist einfach zu bedienen, macht Spaß und man kann sich innerhalb von fünf Minuten durch 20 Thesen klicken und zwischen „Zustimmung“, „Ablehnung“und „Neutral“auswählen. Am Ende zeigt eine Übersicht, mit welchen der sechs heute im Bundestag vertretene­n Parteien die eigene Position am meisten übereinsti­mmt. Zu jeder These gibt es zusätzlich erläuternd­e Statements der Parteien. Die Hoffnung ist, dass junge Menschen sich mithilfe des Sozial-o-mat mit diesen Themen auseinande­rsetzen. Manches möchte man gar nicht glauben, beispielsw­eise, dass es 2021 eine Partei gibt, die denkt, Frauen gehören hinter den Herd und die Kinder nicht in die Kita. Aber welcher junge Mensch liest heute noch freiwillig etliche Seiten Wahlprogra­mm? Der Sozial- O- Mat zeigt übersichtl­ich, wo die Positionen auseinande­rgehen.

Der Sozial- O- Mat behandelt die Themenschw­erpunkte Arbeit, Gesundheit, Familie und Kinder sowie Migration. Warum diese?

Wir sind nach den zentralen gesellscha­ftlichen Herausford­erungen gegangen. Das ist beispielsw­eise die Existenzsi­cherung und Mindestloh­n-frage, gerade in der Pandemieze­it, wo viele in Kurzarbeit gegangen sind und vielleicht sogar ihre Arbeit verloren haben. Die Bereiche Gesundheit und Pflege erklären sich von selbst. Viele Menschen beschäftig­t im Zuge der Pandemie nun, ob ihnen, wenn sie schwer erkranken sollten, überhaupt ein Intensivbe­tt im Krankenhau­s zur Verfügung steht. Natürlich stellt sich mit Blick auf die Situation in den Pflegeeinr­ichtungen die Frage: Wie geht es mit der Pflege weiter? Und schließlic­h haben wir auch im Bereich der Familienpo­litik gemerkt, wie unterschie­dlich die Parteien ticken. Wähle ich eine Partei, die ein konservati­ves Familienbi­ld vertritt, oder eine Partei, die unterstütz­t, dass Männer und Frauen gleichbere­chtigt die Familienau­fgaben wahrnehmen können? Damit muss man sich auseinande­rsetzen.

Klickt man sich durch den Sozial-oMat, fällt auf, dass die meisten Parteien für ein Wahlalter ab 16 sind – abgesehen von CDU und AFD. Wie denken Sie darüber?

Ich halte die 16-Jährigen durchaus für urteilsfäh­ig und die Herabsetzu­ng des Wahlalters für sinnvoll. Ich finde es sehr wichtig, dass sie ihre Stimme abgeben können und auch gehört werden, insbesonde­re, weil die demografis­che Entwicklun­g ganz klar in Richtung einer Altersgese­llschaft geht. Die geburtenst­arken Jahrgänge und damit ein großer Teil der Wählenden sind über 60. Die Meinung der Jugendlich­en hätte mit einem Wahlalter ab 16 mehr Gewicht.

Was könnte getan werden, damit sich junge Menschen noch mehr politisch informiere­n?

Die Institutio­nen und Orte, an denen sich Jugendlich­e aufhalten, müssen politische Themen viel lebhafter und lebendiger zum Thema machen, Kandidatin­nen und Kandidaten nicht nur in die Schule einladen. Die politische Bildung und Debatten könnten in Vereinen, Jugendclub­s und anderen Freizeitei­nrichtunge­n noch viel selbstvers­tändlicher dazugehöre­n. Wichtig ist, dass das Interesse für Politik geweckt wird. Und dazu gehört es, deutlich zu machen, dass die politische­n Entscheidu­ngen, die auf Bundeseben­e getroffen werden, auf mein ganz persönlich­es Leben Einfluss haben.

Was erhoffen Sie sich vom Sozial-oMat?

Ich hoffe, dass viele Menschen sich intensiver mit den Parteiprog­rammen auseinande­rsetzen und wählen gehen. Jede Stimme zählt. Es gibt so viele Ereignisse, die das Gefühl auslösen sollten: Ich muss mich darum kümmern, was die Politik macht. Es wird über die Zukunft der jungen Menschen entschiede­n!

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FOTO: DIAKONIE DEUTSCHLAN­D Maria Loheide ist Vorständin Sozialpoli­tik.

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