Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Mehr Schein als Sein beim letzten Triell
Nun haben es die beiden Kandidaten und die einzige Kandidatin hinter sich: Am Sonntag sollte das letzte Triell – diesmal bei Pro Sieben und Co. – den Wählerinnen und Wählern eine Entscheidungshilfe geben. Denn noch immer sind fast 40 Prozent unentschlossen.
Doch trotz aller Unterschiede setzen alle drei Anwärter auf das wichtigste politische Amt in Deutschland auf Wohlfühlatmosphäre – bloß keine unbequemen Wahrheiten sagen, schien die Devise zu sein. Alle Kandidaten versprechen Entlastungen für die unteren und mittleren Einkommen, mehr Geld und Personal in der Pflege, Vorrang für Kinder, Ausbau der alternativen Stromproduktion, schnelles Internet überall und mehr Sicherheitskräfte. Spd-kandidat Scholz sagt wenigstens, dass er mit höheren Reichen-steuern einen Teil finanzieren will, Grünen-bewerberin Baerbock, dass der Co2-preis steigt, während der Unions-spitzenmann Laschet alles übers Wachstum stemmen will.
Die Ziele der Kandidaten sind sicher gut und richtig. Die gewaltigen Zumutungen für die Wahlberechtigten, die jetzt anstehen, verschweigen sie aber. So kann Vertrauen nicht entstehen – egal ob es souverän wie bei Scholz, leidenschaftlich wie bei Baerbock oder angriffslustig wie bei Laschet daherkommt.
Insofern hat niemand wirklich überzeugt, vielen dürfte die Entscheidung nun noch schwerer fallen. Immerhin konnte man die Ansätze wenigstens erkennen – bei Laschet das Vertrauen in die Märkte, bei Baerbock die Steuerung durch genaue Vorgaben, bei Scholz den Mix aus moderater Umverteilung und pragmatischer Industriepolitik. Deutlich wurde, dass Rot und Grün sich die Bälle zuspielten und die Union gern in der Opposition sähen. Doch dagegen wird sich Laschet mit aller Kraft wehren. Es ist alles noch offen. BERICHT AUS DER TIEFE DES TRAUMS, POLITIK