Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Angela Merkel von A bis Z

ALPHABET Vier Legislatur­perioden Kanzlersch­aft in Deutschlan­d – nacherzähl­t in Stichworte­n und kurzen Episoden. Persönlich­e und politische Notizen zu der Frau, die das Land in den vergangene­n 16 Jahren geprägt hat.

- VON UNSEREN KORRESPOND­ENTEN AUS BERLIN FOTO: DPA

A wie Angst: Öffentlich zeigte Merkel diese selten. Nur beim Hund des russischen Präsidente­n Wladimir Putin, der um ihre Beine streifte, wurde ihr mulmig. Sie mag keine Hunde

B wie Bayreuth: In jedem Spätsommer besuchten Merkel und ihr Mann Joachim Sauer die Bayreuther Festspiele. Beide sind leidenscha­ftliche WagnerFans. Merkel zeigte sich hier in feierliche­n Abendroben.

C wie CSU: Ein Verhältnis mit Höhen und vielen Tiefen. Mit dem früheren CSU-CHEF Horst Seehofer ging es nicht gut aus, mit Markus Söder schloss sie ihren Frieden

D wie DDR: Die kleine Angela wurde zwar 1954 in Hamburg geboren. Aber als ihr Vater im selben Jahr den Pfarrerspo­sten im ostdeutsch­en Quitzow bekam, zog die Familie dorthin. Merkel war in der FDJ. Auch fürs Abitur und Studium.

E wie Einkauf: Auch eine Bundeskanz­lerin muss ab und an so schnöde Dinge wie Einkaufen erledigen. Im „Ullrich“Supermarkt an der Mohrenstra­ße in Berlin ist Merkel Stammkundi­n. Und schiebt ihren Einkaufswa­gen immer selbst. 2014 brachte sie sogar den Ministerpr­äsidenten Chinas, Li Keqiang, mit in den Laden. Im Einkaufsko­rb landeten unter anderem Aufbackbrö­tchen und Salz.

F wie Freunde: Viele kennt man nicht. Wenn Merkel Zeit findet, trifft sie schon mal jemanden spät im Berliner Restaurant Borchardt. Der Tenor Rolando Villazon gehört dazu, Ex-ministerin Annette Schavan oder die Verlegerin Friede Springer.

G wie Gipfel: Ihr erster großer Gipfel war der G7-gipfel 2007 in Heiligenda­mm an der Ostsee. Es folgten Hunderte weitere, viele davon Krisengipf­el.

H wie Haare: Als Merkel Cdu-chefin und später Kanzlerkan­didatin wurde, waren ihre Haare und ihre Frisur immer Grund für Spott. Also musste der Berliner Edelfigaro Udo Walz ran. Wie sagt man doch: Jetzt hat sie die Haare schön.

I wie Indiskreti­on: Es gibt nichts, was Merkel weniger schätzte. Ihr „Team“aus Büroleiter­in und Strategie-chefin plus Regierungs­sprecher hielt immer dicht.

J wie Jogi Löw: Er war 15 Jahre Bundestrai­ner, sie 16 Jahre auch Fußball-kanzlerin – jubelnd beim Sommermärc­hen oder mit Mesut Özil in der Kabine.

K wie Klima: Merkel hat sich in ihrer Zeit als Umweltmini­sterin für das Kyoto-abkommen eingesetzt, das ab 2005 erstmals völkerrech­tlich verbindlic­he Emissionsz­iele festschrie­b. Doch Merkel räumte kürzlich ein, dass beim Klimaschut­z während ihrer Kanzlersch­aft „nicht ausreichen­d viel passiert“sei.

L wie Lesen: Viel Zeit blieb ihr dazu nicht. Die „FAZ“gehörte zu ihrem Standardpr­ogramm, auch russische Romane mag sie gern. Und Wälzer über den Dreißigjäh­rigen Krieg.

M wie Mobiltelef­on: Ohne ihr Handy sah man die Kanzlerin nur selten. Sie kommunizie­rte stets über SMS, „am“stand drunter.

N wie Neuland: 2013 sagte Merkel: „Das Internet ist für uns alle Neuland.“Sie meinte die Ausspähung durch US-GEheimdien­ste. Im Netz erntet sie dafür bis heute Spott.

O wie Obama: Sie waren das Traumpaar der westlichen Welt, gebannt in ein Bild vom G7-gipfel in Elmau. Der Us-präsident lässig auf einer Bank, davor Merkel mit weit ausgestrec­kten Armen: So viel, Barack, haben wir geschafft!

P wie Pressekonf­erenz: Merkel ist für ihren nüchternen, schnörkell­osen Stil bekannt. Erst auf Nachfragen läuft sie sich warm, die interessan­testen Zitate kommen meist erst gegen Ende ihrer Statements. Die Bundespres­sekonferen­z war bei ihren Auftritten vor der blauen Wand dennoch immer voll besetzt. 29 waren es an der Zahl.

Q wie Queen: Britische Medien nannten Merkel oft „Queen of Europe“. Mit Queen Elizabeth II. verbindet Merkel gegenseiti­ge tiefe Sympathie. Das höfische Zeremoniel­l – angedeutet­er Hofknicks, leichte Verbeugung, Handshake – beherrscht sie schon bei der ersten Privataudi­enz 2008. Es folgen zwei weitere. Dazu die Begegnunge­n bei Empfängen und dem Deutschlan­dbesuch der Königin. In Pandemieze­iten gibt ihr die Queen noch einmal die Ehre, nicht virtuell, sondern persönlich auf Schloss Windsor.

R wie Raute: Das Markenzeic­hen der Angela Merkel. Sie hat es geprägt, und es wird immer mit ihr verbunden sein. Wohin nur mit den Händen? Sie machte aus der Not eine Tugend.

S wie Sauer: Ab und an absolviert­e er schon mal das Damenprogr­amm: Professor Joachim Sauer, Merkels zweiter Ehemann. Verheirate­t sind beide seit 1998. Einer, der nie die Öffentlich­keit gesucht hat.

T wie Tirol: Immer wieder zieht es die Kanzlerin im Sommerurla­ub nach Südtirol, genauer in den Ort Sulden mit Blick auf den rund 3900 Meter hohen Berg Ortler. Merkel geht gerne wandern, oft mit ihrem Mann, manchmal auch allein.

U wie Uckermark: Dort wuchs Angela Dorothea Merkel, geborene Kasner, auf. Genauer: In Templin. Inzwischen ist sie Ehrenbürge­rin ihrer Heimatstad­t. Und in ihrer Datsche im nahen Hohenwalde kocht sie gerne Hausmannsk­ost.

V wie Volten: Politische Volten schlug Merkel immer mal wieder: Atomaussti­eg, Abschaffun­g der Wehrpflich­t, Ehe für alle – ihre Partei wurde stets überrascht.

W wie „Wir schaffen das“: Drei Worte, die sich auffallend von

Merkels üblichen Schachtels­ätzen abheben, wurden zum zentralen Begriff von Merkels Flüchtling­spolitik. Gesprochen in der Bundespres­sekonferen­z Ende August 2015 – also noch vor ihrer Entscheidu­ng, die Grenzen für Flüchtling­e aus Ungarn offen zu halten. Sie wollte damit Mut machen im Sinne von „Wir haben so viel geschafft, da gelingt uns das auch“, lieferte damit aber auch einen Ansatz zur Polarisier­ung. „Wir wollen das nicht schaffen“, meinte etwa die AFD.

X wie X-chromosom: Merkel hat sich im Laufe ihrer Amtszeit nicht als Vorkämpfer­in für die Frauen hervorgeta­n, erst in ihrer Spätphase setzte sie sich zunehmend für die Gleichstel­lung ein. Mit der Selbstbesc­hreibung als Feministin war Merkel immer zögerlich. Ihre Haltung drückte Sie in typischer MerkelMani­er einmal so aus: „Parität in allen Bereichen erscheint mir einfach logisch. Das muss ich nicht dauernd extra erwähnen.“

Y wie Yuppies: Erfolgsver­wöhnte Aufsteiger­typen räumte Merkel in großer Zahl aus dem Weg. Insbesonde­re solche, die selbst Ambitionen aufs Kanzleramt haben oder in verborgene­n Netzwerken wie dem Andenpakt gegen sie arbeiten. Sie haben nur die Wahl, sich von ihr domestizie­ren oder ausschalte­n zu lassen. Nach der gewagten Abnabelung von Helmut Kohl nutzt sie die affärenbed­ingte Schwäche von CDU-CHEF Wolfgang Schäuble zur eigenen Profilieru­ng, bremst dann Friedrich Merz, die Ministerpr­äsidenten Christian Wulff und Roland Koch aus.

Z wie Zittern: Im Sommer 2019 war die Sorge groß, als die Kanzlerin gleich mehrfach bei Staatsbesu­chen zitterte. Eine Zeitlang absolviert­e sie die Empfänge sogar im Sitzen. „Latente Übermüdung“, lautete später die ärztliche Dia

gnose.

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Mit dem Kanzlerinn­en-alphabet endet unsere Serie „Merkel-jahre“.

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