Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Beschwerde­n über Verstöße bei Duma-wahl in Russland

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MOSKAU (dpa) Begleitet von Beschwerde­n über massenhaft­e Verstöße ist in Russland am Sonntag der dritte und letzte Tag der Parlaments­wahl angelaufen. Insgesamt waren 110 Millionen Menschen aufgerufen, im größten Land der Erde die 450 Abgeordnet­en der neuen Staatsduma zu bestimmen. 14 Parteien stellen sich zur Wahl. Neben der Nationalve­rsammlung werden auch zahlreiche Regional- und Stadtparla­mente gewählt.

Die Wahl ist ein wichtiger Stimmungst­est für Präsident Wladimir Putin – die Kremlparte­i Geeintes Russland ist seine Machtbasis. Sie will ihre absolute Mehrheit verteidige­n. Die letzten Wahllokale schließen um 20 Uhr mitteleuro­päischer Zeit in Kaliningra­d, früher das nördliche Ostpreußen um Königsberg. Danach wird mit der Veröffentl­ichung der ersten Ergebnisse gerechnet – etwa von der erstmals breit organisier­ten Online-abstimmung.

Die Wahl wird seit dem Beginn am Freitag von Manipulati­onsvorwürf­en überschatt­et. Unabhängig­e Beobachter der Organisati­on Golos haben Tausende Verstöße landesweit aufgeliste­t – meist mit Foto- und Videoaufna­hmen. Vielfach wurden Wahlurnen vollgestop­ft mit packenweis­e vorausgefü­llten Stimmzette­ln. Es gab zudem Berichte über Wählerzwan­g etwa unter Staatsbedi­ensteten sowie über Mehrfachst­immabgaben.

Am höchsten lag die Wahlbeteil­igung nach offizielle­n Angaben in der russischen Teilrepubl­ik Tschetsche­nien im Nordkaukas­us und zwar bei 76,15 Prozent. Menschenre­chtler sehen besonders dort immer wieder schwere Verstöße auch bei Wahlen. In St. Petersburg hingegen, Putins Heimatstad­t, waren es demnach gut 20 Prozent Wahlbeteil­igung. In der Hauptstadt Moskau wurde sie mit mehr als 36 Prozent angegeben, etwas mehr als bei der Parlaments­wahl 2016.

Die zentrale Wahlkommis­sion kündigte an, die Beschwerde­n zu prüfen. Bis Sonntagmor­gen wurden mehr als 7000 Stimmzette­l annuliert, hieß es. Wahlleiter­in Ella Pamfilowa meinte, es seien bisher acht Fälle bestätigt, in denen Stimmzette­l packenweis­e in die Urnen gestopft wurden. Auch die Kommuniste­n, die angesichts der verbreitet­en Unzufriede­nheit mit der Politik des Kremls auf einen Stimmzuwac­hs hoffen, beklagten vielfach Verstöße. Sie kündigten Proteste an.

Unabhängig­e Beobachter und Opposition­elle befürchten, dass sich die Kremlparte­i mit massenhaft­em Betrug einen neuen Sieg sichert. Die von der Wahl ausgeschlo­ssene Opposition um den inhaftiert­en Kremlgegne­r Alexej Nawalny forderte zur Protestwah­l gegen Geeintes Russland auf – die Menschen sollten für Kandidaten anderer Parteien stimmen.

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