Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Zerreden können ist auch eine Kunst
Wie raffiniert und nonchalant Finanzminister und Spd-kanzlerkandidat Olaf Scholz für ihn schwierige Vorgänge wie die jüngsten staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen in seinem Ministerium umschiffen und zerreden kann, ist sicher eine eigene Qualität. Sie könnte Scholz bis ins Kanzleramt tragen. Doch Scholz muss sich Vorwürfe in der Causa der Anti-geldwäsche-einheit FIU gefallen lassen, die sich nicht einfach abtun lassen.
Auch dreieinhalb Jahre, nachdem er das Amt übernommen hat, funktioniert die FIU nicht. Dass nach dem Wirecard-skandal erneut gegen Fiu-mitarbeiter ermittelt wird, ist erschreckend und beschämend. Scholz, dem der Zoll und damit auch die FIU untersteht, trägt dafür die politische Verantwortung. Der Spd-kandidat inszeniert sich gern als oberster Bekämpfer von Geldwäsche. In der Praxis allerdings scheint er der Sache keine Priorität eingeräumt zu haben. Den Chef der Anti-geldwäsche-behörde hat er nicht ein einziges Mal persönlich getroffen. Scholz duldete überdies eine fragwürdige gesetzliche Regelung: Die FIU darf unter Tausenden Hinweisen aussieben und nur solche an die Strafverfolger weitergeben, von denen sie selbst glaubt, sie könnten zu Ermittlungen führen.
Im Wahlkampf dürfte Scholz die Causa FIU aber kaum mehr schaden. Die Vorgänge sind zu kompliziert. Der SPD ist es auch gelungen, die Justiz und die Mitbewerber in ein schlechtes Licht zu rücken. Der Zeitpunkt der Durchsuchung bei Scholz war drei Wochen vor der Wahl pikant, und der Chef der Staatsanwaltschaft ist ein Cdu-mitglied. Da war der Hinweis auf wahltaktische Motive der Justiz ein Selbstläufer. Dass sie damit das Vertrauen in den Rechtsstaat untergräbt, nimmt die SPD als Kollateralschaden hin. BERICHT SCHOLZ BIETET KEINE ANGRIFFSFLÄCHE, POLITIK