Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Auf Versöhnungskurs
Weil der Druck auf die E-scooter-anbieter wächst, tun diese immer mehr, um den Kommunen entgegenzukommen. Nachdem in Köln nun elf Gefährte aus dem Rhein gefischt wurden, soll es auch in Düsseldorf eine solche Aktion geben.
KÖLN/DÜSSELDORF Bei der Bergung der E-scooter aus dem Rhein ging es zwischen der Stadt Köln und den Verleihfirmen monatelang hin und her. Es ging um Konzepte, Genehmigungen und um die immer noch ungeklärte Frage, wie viele Geräte denn eigentlich am Boden des Rheins liegen. Am vorläufigen Ende dieser Auseinandersetzung standen zwei Tage Anfang September, ein Taucherteam und ein überschaubares Ergebnis: Elf E-scooter fischten die Spezialisten aus dem Wasser. Es drängt sich danach die Frage auf: Hat sich das gelohnt? Und wenn ja, für wen?
Rein finanziell betrachtet war die Bergung für die Verleiher eindeutig ein Verlustgeschäft. „Der Wiederbeschaffungswert der Fahrzeuge ist deutlich geringer als die entstandenen Kosten“, sagt Sebastian Schlebusch. Er ist Sprecher des Verbands Plattform Shared Mobility (PSM), in dem sich neun Firmen zusammengeschlossen haben, darunter die Verleiher Bird, Lime und Tier. 105 Fundorte hatte der Verband mit einem Sonarboot in Köln identifiziert, 60 von ihnen abgesucht.
Nicht jedes Objekt, das vom Boot nur in Umrissen erkannt wurde, gehörte den Firmen. Am schlammigen Boden des Rheins fanden die Taucher an so mancher Stelle Reifen, Fernseher oder ein Leihrad, aber keinen E-scooter. Die verbleibenden 45 Fundorte liegen im Strom des Flusses. Für sie brauche man Spezialkranschiffe, die gerade in den Flutregionen im Einsatz seien, sagt Schlebusch. „Sobald die Verfügbarkeit gesichert ist, werden auch diese Bereiche abgetaucht.“
Einen sechsstelligen Betrag hat der Verband bislang für die Bergung ausgegeben, Abertausende Euro also. Elf neue Scooter dürften die Firmen lediglich ein paar Tausend Euro kosten. Die geborgenen Geräte sind ein Bruchteil dessen wert. Sie werden zerschnitten, ihre Einzelteile recycelt.
Aber ums Geld ging es dem Verband bei der Bergung von Anfang an nicht. Sie war eher ein Schritt, der das angespannte Verhältnis mit der Öffentlichkeit zumindest ein bisschen verbessern sollte. Der Verband sehe die Aktion „als ein Zeichen, dass wir uns konstruktiv an Lösungen beteiligen wollen“, sagt Schlebusch. Es ist nicht das einzige Zeichen.
Für die Stadt Köln hat sich die Auseinandersetzung um die EScooter im Rhein nämlich doppelt gelohnt, auch wenn die Anzahl der herausgeholten Geräte überschaubar ist. Nicht nur fischten die Firmen bereits einige Fahrzeuge aus dem Rhein und haben versprochen, weitere Orte abzutauchen. Die Stadt hat sich mit dem Verband auch auf verschärfte Regeln geeinigt: Ein Drittel weniger E-scooter in der Innenstadt, Fußpatrouillen, die falsch geparkte Fahrzeuge entfernen, und sogar Parkverbote im Stadtkern soll es geben.
Von der Bergung könnten auch andere Städte in NRW profitieren. Auch in Düsseldorf sei eine solche Aktion geplant, hieß es von PSM. „Die dort vertretenen Anbieter haben ebenfalls ein Sonarboot beauftragt, um den Rhein großflächig abzusichern. Wir werden auch dort versuchen, die Scooter, die lokalisiert werden können, zeitnah zu bergen“, sagt Schlebusch. Auch der Bürgermeister der Landeshauptstadt Stephan Keller (CDU) übt öffentlich immer wieder Druck auf die Firmen aus. „Da ein generelles Verbot nicht möglich ist, sollen neue Regelungen die Auswüchse eindämmen“, sagte er jüngst. In der Landeshauptstadt gibt es seit Juni ein Pilot
projekt mit 15 festen Abstellflächen an mehreren Zufahrten zur Altstadt. Auch Bonn und Mönchengladbach wollen den Kontakt zu den Verleihern suchen.
Druck kommt allerdings von noch weiter oben. Das Bundesverkehrsministerium lässt offenbar prüfen, welche Folgen die E-scooter für die Sicherheit im Verkehr haben. Ein erster Zwischenbericht zeichnet laut dem „Spiegel“ein eher negatives Bild. In mehr als 80 Prozent der Fälle, in denen E-scooter mit einem anderen Verkehrsteilnehmer zusammenstoßen, werde der Rollerfahrer verletzt. Auffällig häufig sei dabei die Unfalldichte an Wochenenden und unter Alkoholeinfluss. Der Zwischenbericht der Bundesanstalt für Straßenwesen liegt laut „Spiegel“schon seit Wochen im Verkehrsministerium vor, ist aber noch unter Verschluss.
Die E-scooter-betreiber sind auf Versöhnungskurs. Elf aus dem Rhein geborgene Fahrzeuge dürften angesichts des politischen Drucks aber nur ein kleiner Schritt auf einer langen Reise sein.