Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Berufsunfähigkeitsschutz wird bald teurer
Immer mehr Erkrankte nehmen die Versicherung in Anspruch. Zugleich sinkt der Zins für Rücklagen.
DÜSSELDORF Risikoschutz wird in der Lebensversicherung deutlich teurer. Dabei spielen mehrere Faktoren zusammen: So gibt es immer mehr Betroffene, die aufgrund einer Erkrankung nicht mehr arbeiten können. Gleichzeitig kommt es zum 1. Januar 2022 zu einer Absenkung des Kalkulationszinses. Die Assekuranzen dürfen die Rücklagen für künftige Schadenfälle nur noch mit 0,25 Prozent verzinsen statt wie bisher mit 0,9 Prozent. Daher sind für die gleichen Rücklagen höhere Beiträge der Kunden notwendig.
Nach Angaben der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV) müsste rein kalkulatorisch allein aus der Zinsabsenkung die Berufsunfähigkeitsversicherung für eine 20-jährige Person um über zehn Prozent steigen, wenn der Schutz bis zum 67. Lebensjahr läuft, also bis zum Eintritt in die gesetzliche Rente. Auch die Risikolebensversicherung wird teurer. Die einzelnen Versicherer sind aber in ihrer Preispolitik frei. Sie können individuell kalkulieren. Besonders betroffen dürfte der private Berufsunfähigkeitsschutz sein.
Nur diese Versicherung schützt Berufstätige bei jeder Krankheit. Auch wer aus psychischen Gründen nicht mehr arbeiten kann, erhält dann eine Rente. Bei Frauen bis zum 40. Lebensjahr ist laut DAV das Risiko, aus seelischem Leiden berufsunfähig zu werden, seit 1997 um rund 30 Prozent gestiegen. „Und eine Rückkehr in den Beruf ist bei psychischen Erkrankungen meist nicht mehr möglich“, sagte Guido Bader Vorstandsmitglied der DAV auf der „Handelsblatt“-jahrestagung „Strategiemeeting Lebensversicherung“in Düsseldorf. Zudem gebe es eine große Unsicherheit, wie sich der Anteil an psychischen Erkrankungen in Zukunft entwickelt: „Daher haben wir in der Berufsunfähigkeitsversicherung noch einen Sicherheitszuschlag einkalkuliert“, so Bader. Gleichzeitig stellen die Mathematiker aber fest, dass ab 40 Jahren Frauen und Männer deutlich seltener berufsunfähig werden.
Bei Frauen beträgt der Rückgang ab dieser Schwelle rund 36 Prozent und bei Männern sogar 45 Prozent. Grund ist, dass Erkrankungen des Bewegungsapparats, wie Rückenoder Knieprobleme, sowie Herzund Kreislauferkrankungen deutlich seltener auftreten. „Ob das am Sport oder an einer gesünderen Ernährung liegt“, wissen wir nicht“, sagte Bader. Wie die einzelnen Lebensversicherer ab 2022 auf die neuen Daten reagieren, ist noch unklar. Bader: „In der Summe ist aber mit einem Anstieg der Prämien für die Berufsunfähigkeitsversicherung zu rechnen“. Das gilt gleichermaßen für Frauen und Männer, denn seit 2013 sind nur noch Uni-sex-tarife erlaubt. Die höheren Prämien gelten aber nur für Neuabschlüsse. Daher könnte es sinnvoll sein, sich noch in diesem Jahr um eine Arbeitskraftabsicherung zu kümmern.