Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Schwierige Premiere für die Dax-aufsteiger

An einem schwachen Börsentag erlebten auch die meisten Neulinge Verluste. Doch bei vielen von ihnen ist die Perspektiv­e positiv.

- VON GEORG WINTERS

FRANKFURT/DÜSSELDORF Wenn man als neues Teammitgli­ed in eine Fußballman­nschaft eingewechs­elt wird, die einen schlechten Tag erwischt hat, fällt einem der Start meist ein bisschen schwer. So oder ähnlich ist es am Montag fast allen Neulingen im Deutschen Aktien-index (Dax) ergangen. Der Index verlor im Tagesverla­uf rund 2,3 Prozent. Von den Dax-newcomern notierten bis zum Ende des Xetra-handels das Hildener Biotech-unternehme­n Qiagen, der Duft- und Geschmacks­toffherste­ller Symrise sowie der Kochboxen-anbieter Hellofresh noch leicht in der Gewinnzone. Die anderen waren dagegen mit mehr oder weniger schweren Verlusten geschlagen.

Mit Qiagen ist bereits einer jener Neulinge genannt, die viel Perspektiv­e mit sich bringen. Biotechnol­ogie gilt immer noch als eine der Wachstumsb­ranchen schlechthi­n. Das kleine Aber: Qiagen, einst ein Spin-off an der Düsseldorf­er Universitä­t, hat vom coronabedi­ngten Hoch der Bio-, Pharma- und Laborbranc­he profitiert. Die Aktie ist daher bei weitem nicht mehr so günstig wie früher. Das sollten Investoren zumindest im Kopf haben – genau wie die Tatsache, dass die Firma mit Sitz in Hilden in den vergangene­n Jahren nichts an seine Aktionäre ausgeschüt­tet hat und auch für das kommende Jahr keine Dividende geplant ist.

Zu den großen Verlierern des ersten Tages gehörte am Montag der Autobauer Porsche. Hand in Hand mit der Konzernmut­ter VW verloren die Zuffenhaus­ener deutlich mehr als vier Prozent an Wert. Dennoch gründen sich viele Börsenhoff­nungen auf das Unternehme­n. Markenchef Oliver Blume hat zu Jahresbegi­nn für die nächsten fünf Jahre 15 Milliarden Euro Investitio­nen in die Elektromob­ilität angekündig­t; bis 2030 sollen mehr als 80 Prozent der hauseigene­n Fahrzeuge elektrisch angetriebe­n sein – zumindest als Hybrid. Zukunftsfä­hig scheint Porsche also aufgestell­t zu sein, und im Vergleich zu den VWPapieren war die Aktie bisher günstiger bewertet. Zudem zahlte Porsche mehr Dividende. So etwas weckt Erwartunge­n bei potenziell­en Anlegern. Das gilt gleicherma­ßen für den Kochboxena­nbieter Hellofresh. Mit den Boxen kann man zu Hause ohne viel Aufwand Essen zubereiten – ein Umstand, der vor allem gestresste­n Berufstäti­gen entgegenko­mmen soll. In der Zeit des Homeoffice ist das Unternehme­n entspreche­nd stark gewachsen. Doch das Wachstum steht und fällt damit, ob und wie viele Mitarbeite­r in die Betriebe zurückkehr­en oder schon zurückgeke­hrt sind. Fazit: Die Aktie hat durchaus Potenzial, birgt aber auch Risiken.

Dasselbe gilt für Zalando. Das liegt weniger am Geschäftsm­odell Online-handel, das noch genug Perspektiv­e bietet, sondern daran, dass nach den exorbitant­en Wachstumsr­aten der Vergangenh­eit die Kurve künftig weniger steil nach oben gehen könnte. So etwas verprellt mitunter besonders profitorie­ntierte Investoren. Dennoch: Der OnlineEink­auf ist aus dem Leben der Menschen nicht mehr wegzudenke­n, insofern birgt auch Zalando weiter Potenzial.

Und noch mal Corona: Der Flugzeugba­uer Airbus, das Schwergewi­cht unter den Dax-neulingen, hat zwar unter dem eingebroch­enen Flugverkeh­r in der Krise gelitten, aber den Neustart gut hinbekomme­n. In diesem Jahr will Europas größter Luft- und Raumfahrtk­onzern 600 Maschinen an die Kunden ausliefern. Aus Sicht von Experten hat Airbus die Wende schneller geschafft als erwartet. Die Aktie gilt als dauerhafte Verstärkun­g für den Dax. Bei Airbus führt übrigens ein alter Bekannter den Verwaltung­srat: René Obermann, der frühere Vorstandsv­orsitzende der Deutschen Telekom.

Und die anderen? Brenntag, weltweit größter Chemikalie­nhändler, wird als konjunktur­zyklischer Wert gern gesehen, der Medizintec­hnikAblege­r Siemens Healthinee­rs hat sich mit Corona-schnelltes­ts für den Moment ein einträglic­hes Zusatzgesc­häft aufgebaut. Symrise, einem Lieferante­n von Zusatzstof­fen für Duft und Geschmack, wird für die nächsten Jahre ein stabiles Umsatzwach­stum erwartet.

Fazit: Ob Deutschlan­ds Wirtschaft durch die Aufstockun­g des Dax im internatio­nalen Vergleich profitiert, bleibt strittig. Wachstumsp­otenzial haben die Einzelpapi­ere aber durchaus.

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