Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Tausende offene Stellen in Rathäusern
Ingenieure, Erzieher, Ärzte, Techniker – in NRW fehlt in fast allen Bereichen der kommunalen Verwaltungen Personal. Der Städte- und Gemeindebund fürchtet Verzögerungen bei laufenden Projekten und Planungen.
DÜSSELDORF In nordrhein-westfälischen Rathäusern können Tausende Stellen nicht besetzt werden, insbesondere weil geeignete Bewerber fehlen. Deshalb kommt es immer wieder zu Verzögerungen bei laufenden Aufgaben und Projekten, wie eine Umfrage unserer Redaktion ergeben hat. „Der Beginn neuer Vorhaben wird ebenfalls geschoben. Kurzfristig sind längere Wartezeiten oder punktuell verkürzte Öffnungszeiten zu verzeichnen“, sagte ein Sprecher der Stadt Münster; dort sind aktuell rund 500 Posten vakant.
Der Städte- und Gemeindebund in NRW schlägt wegen der vielen offenen Stellen in den kommunalen Verwaltungen Alarm: „Der allgemeine Fachkräftemangel schlägt auf die Kommunen durch. Vor allem kleinere Gemeinden ziehen dann im Wettbewerb mit der Wirtschaft oder größeren Städten oftmals den Kürzeren“, sagte Christof Sommer, Hauptgeschäftsführer des Städteund Gemeindebunds NRW, unserer Redaktion. „Zu schaffen macht uns außerdem der demografische Wandel: Rund 25 Prozent der Beschäftigten werden in den nächsten zehn Jahren in den Ruhestand gehen.“
Die Kräfte fehlen nach Angaben des kommunalen Spitzenverbandes in ziemlich allen Bereichen – vor allem aber in den Kindergärten, im Bauamt, dem It-bereich oder bei technischen Aufgaben wie im Wasserwerk oder bei der Umwelttechnik. Selbst attraktive Führungsposten seien immer schwerer zu besetzen, sagte Sommer. „Das ist ein großes Problem. Wenn Fachleute fehlen, führt das zwangsläufig zu Verzögerungen, angefangen beim Planen und Bauen der neuen Kita bis zu Verkehrswende und Klimaschutz“, betonte der Hauptgeschäftsführer.
In der Verwaltung des Kreises Düren, wo 65 Stellen offen sind, führt der Personalmangel zu Überstunden und längeren Bearbeitungszeiten. Dort werden vor allem Feuerwehrleute, Tierärzte sowie
Bau- und Vermessungsingenieure gesucht. Bei der Stadt Duisburg sind derzeit von 6163 Vollzeitstellen 5419 besetzt; 70 Besetzungsverfahren laufen aktuell, um die Lücke etwas schließen zu können. Die Dauer der Vakanz hängt laut der Stadtverwaltung sehr stark von der Stelle ab. „Während Verwaltungsstellen durch die Übernahme von Auszubildenden derzeit noch gut besetzt werden können, stellt sich die Situation in anderen, spezialisierten Arbeitsbereichen anders dar“, sagte ein Sprecher. Wegen der Corona-pandemie sei es demnach aktuell besonders schwierig, Stellen im medizinischen Bereich zu besetzen.
In Dortmund sind 939 Stellen frei und damit rund zehn Prozent nicht besetzt. In der Ruhrgebietsstadt hat man festgestellt, dass auch der klassische Verwaltungsbereich immer schwerer zu besetzen ist. „Besonders in den sogenannten Einstiegsämtern für die Laufbahn des ehemaligen gehobenen Dienstes wird eine Besetzung von Planstellen zunehmend kompliziert“, erklärte ein Sprecher der Stadt. Auch in Krefeld sind derzeit rund zehn Prozent der Stellen nicht besetzt. „Aufgrund der geografischen Lage steht die Stadt Krefeld hier jedoch auch in Konkurrenz mit einer Vielzahl an umliegenden Städten und insbesondere mit der Landeshauptstadt Düsseldorf und der dort angesiedelten Bezirksregierung und Ministerien“, sagte eine Sprecherin.
In Köln sind 1880 Stellen offen, was ebenfalls einer Quote von rund zehn Prozent entspricht. Die Stadt Goch, eine vergleichsweise kleine Verwaltung, findet schwer pädagogisches Personal. Die Nachbarstadt Kleve kann seit fast fünf Monaten die Ingenieurstelle „Verkehrs- bzw. Mobilitätsplaner/in“nicht besetzen.
Die Städte treten der Personalmisere entgegen und werben offensiv für die Stellen in ihren Ämtern und Verwaltungen. So haben bereits einige Kommunen gemeinsam mit dem Städte- und Gemeindebund mit „berufe-nrw.de“ein Jobportal gegründet. Dort können sich Interessierte anschauen, welche Angebote in ihrer Region zur Verfügung stehen – vom Abwassermeister bis zur Verwaltungsfachangestellten. „Den meisten Menschen ist die Vielfalt des öffentlichen Dienstes gar nicht bewusst. Dabei bieten Städte und Gemeinden mehr als hundert verschiedene Berufe“, sagte Christof Sommer vom Städte- und Gemeindebund NRW.