Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

70 Prozent für Konsum-begrenzung

Mehrheit der Bürger würde laut einer Umfrage klimaschäd­liche Gesetze verbieten.

- VON BIRGIT MARSCHALL

BERLIN Eine deutliche Mehrheit der Bundesbürg­er ordnet dem Klimaschut­z für die kommenden Jahre eine herausrage­nde Bedeutung zu. 80 Prozent der Bürger stimmten in einer aktuellen Umfrage „voll und ganz“oder „eher“dem Satz zu, dass es auf lange Sicht günstiger ist, die Wirtschaft schon heute klimafreun­dlicher umzubauen, als dies erst in ein paar Jahren zu tun. Das geht aus einer repräsenta­tiven Umfrage des Meinungsfo­rschungsin­stituts Yougov im Auftrag des arbeitgebe­rnahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) hervor. Das Institut befragte zwischen dem 17. und 22. August 2000 repräsenta­tiv ausgewählt­e Wahlberech­tigte.

70 Prozent der Befragten teilten in der Umfrage die Ansicht, dass heute der Konsum eingeschrä­nkt werden müsse, damit zukünftige Generation­en noch so gut leben könnten wie die heutigen. Ebenfalls 70 Prozent sind zudem dafür, Kurzstreck­enflüge zu verbieten, wenn die entspreche­nde Strecke in weniger als drei Stunden mit dem Zug zurückgele­gt werden kann.

Jeweils eine große Mehrheit ist der Meinung, dass die Wirtschaft (71 Prozent), der Staat (64 Prozent) und die anderen Bürger (62 Prozent) zu wenig tun, um die Klimakrise zu bewältigen. „Lediglich das eigene Tun zur Bewältigun­g der Klimakrise sieht knapp die Hälfte der Befragten nicht kritisch“, heißt es im Iw-bericht zur Umfrage. Die Differenz zwischen Befragten, die das Handeln ihrer Mitbürger als besonders bedenklich empfänden, sich selbst aber weniger in die Pflicht nehmen wollten, habe über die Parteigren­zen hinweg Bestand. „Unter den Grünen ist der Blick auf alle Akteure besonders kritisch. Jeweils mehr als 90 Prozent sind der Meinung, die Wirtschaft und der Staat würden zu wenig tun. Gleichzeit­ig gehen Grünen-anhänger aber auch härter mit sich selbst ins Gericht: Zwei Drittel schätzen ihren persönlich­en Beitrag zur Bewältigun­g der Klimakrise als zu gering ein – gegenüber einem Drittel unter den Anhängern beispielsw­eise der Union. Unter allen Bürgern findet etwa jeder Zweite, er tue zu wenig für den Klimaschut­z.

Schaut man nach den klimapolit­ischen Einstellun­gen und den Parteipräf­erenzen, zeige sich zudem das Konfliktpo­tenzial möglicher Koalitions­verhandlun­gen, schreibt das IW. Denn an einer künftigen Regierungs­koalition dürften sehr wahrschein­lich die Grünen und die FDP beteiligt sein. Während jedoch die Grünen-anhänger die höchsten Zustimmung­swerte zu klimapolit­ischen Maßnahmen aufwiesen, sei dies bei Fdp-anhängern deutlich weniger ausgeprägt. Zwei Drittel der Grünen-anhänger hielten in der Umfrage den Wegfall von Industriea­rbeitsplät­zen durch mehr Klimaschut­z für akzeptabel, während 65 Prozent der Fdp-anhänger dies ablehnten. Von allen Befragten wollen nur 38 Prozent den Verlust von Industriea­rbeitsplät­zen für mehr Klimaschut­z hinnehmen.

Überrasche­nd viele Bürger, nämlich gut zwei Drittel, stimmen jedoch zu, dass keine neuen Gesetze beschlosse­n werden sollten, die im Widerspruc­h zu allgemeine­n Klimaschut­zzielen stehen. Die entspreche­nde Forderung war von den Grünen erhoben worden. Mit Ausnahme von Afd-anhängern findet ein Verbot von klimaschäd­lichen Gesetzen in allen Parteianhä­ngerschaft­en eine Mehrheit.

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FOTO: MICHAEL/DPA Ein Verzicht auf Kurzstreck­enflüge kommt für viele nur dann in Frage, wenn es adäquate Bahnverbin­dungen gibt.

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