Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
USA wollen „keinen neuen Kalten Krieg“
Der Us-präsident beschwört bei den Vereinten Nationen „eine neue Ära der unerbittlichen Diplomatie“und bekennt sich klar zu den UN und ihren Werten.
NEW YORK (AP) Us-präsident Joe Biden hat sich inmitten wachsender Spannungen mit China klar zu Diplomatie und Multilateralismus bekannt und gegen einen Kurs der Konfrontation gewandt. „Wir streben keinen neuen Kalten Krieg an oder eine Welt, die in starre Blöcke geteilt ist“, erklärte Biden am Dienstag in seiner ersten Rede bei der Generaldebatte der Un-vollversammlung als Us-präsident. Ohne die Volksrepublik direkt zu nennen, räumte er zugleich ein, dass es Sorgen vor zunehmenden Spannungen zwischen Washington und Peking gebe.
Mit Blick auf weltweite Krisen sehe er die Welt an einem „Wendepunkt in der Geschichte“, erklärte Biden. Die internationale Gemeinschaft müsse ihre Kräfte im Kampf gegen die Corona-pandemie, den Klimawandel und Menschenrechtsverstöße daher rascher und entschlossener bündeln.
Eine gemeinsame Kraftanstrengung sei vor allem im Umgang mit dem Klimawandel nötig, mahnte Biden. In der aktuellen Lage herrsche „Alarmstufe Rot für die Menschheit“. Die Welt steuere „rasant auf einen Punkt zu, an dem es kein Zurück mehr“gebe. Dazu verwies Biden auf extreme Wetterereignisse, die Leben kosteten und Schäden in Milliardenhöhe anrichteten.
Jede Nation sollte zudem „mit ihren höchstmöglichen Ambitionen“ zu einem bevorstehenden globalen Klimagipfel im schottischen Glasgow kommen, forderte Biden. Der Us-präsident will an dem hochkarätigen Treffen im November teilnehmen.
Mit dem Us-kongress arbeite er an Investitionen in der Klimapolitik, ergänzte Biden. Er ermuntere andere Staats- und Regierungschefs zu solchen Initiativen. Dies werde im Übrigen zur Schaffung von gut bezahlten Jobs für deren Bürger beitragen.
Bidens Rede fällt in eine schwierige Zeit in seiner noch relativ jungen Präsidentschaft, die zuletzt vom chaotischen Us-truppenabzug aus Afghanistan und der blitzartigen Machtübernahme der Taliban in dem Land überschattet wurde. Der Us-präsident verteidigte in seiner Ansprache erneut die Entscheidung zum Rückzug. „Wir haben 20 Jahre des Konflikts in Afghanistan beendet“, sagte er. „Mit dem Abschluss dieser Phase des unerbittlichen Krieges“hätten die USA „eine neue Ära der unerbittlichen Diplomatie“eröffnet, in der sie mithilfe ihrer Entwicklungshilfe in neue Wege investieren wollten, „um Menschen auf der ganzen Welt emporzuheben“.
Den USA gehe es darum, mit ihren Partnern und Verbündeten zusammenzuarbeiten, um die Welt in eine florierendere Zukunft für alle zu führen, sagte Biden weiter. „Um für unser eigenes Volk abzuliefern, müssen wir uns auch stark mit dem Rest der Welt befassen.“
Dennoch stieß der Us-präsident mit seinem außenpolitischen Kurs bei Verbündeten zuletzt auf Skepsis. Nach vier Jahren, in denen sein Vorgänger Donald Trump mit seinem Mantra „Amerika zuerst“bei den traditionellen Us-partnern für Irritationen sorgte, hätten sich viele befreundete Staaten mehr Kooperation mit dem Weißen Haus erhofft. Über Kreuz liegen die USA mit Verbündeten nicht nur beim chaotischen Ende des Einsatzes in Afghanistan, sondern auch bei der Verteilung von Corona-impfstoffen in Entwicklungsländern. Zudem gibt es offene Fragen, wie mit militärischen und wirtschaftlichen Manövern Chinas umzugehen sei.
Aktuell findet sich Biden zudem in einem schweren diplomatischen Streit mit Frankreich wieder, dem ältesten Verbündeten der USA. Der Zwist entzündete sich an der Ankündigung von Washington und London, Australien mit nuklearbetriebenen U-booten auszustatten. Damit platzte ein milliardenschwerer Rüstungsdeal, nach dem Frankreich den Australiern konventionelle U-boote mit Dieselantrieb verkaufen sollte. Frankreichs Außenminister Jean-yves Le Drian sprach von einer „Vertrauenskrise“im Verhältnis zu den USA, die der Vorgang ausgelöst habe. Eu-ratspräsident Charles Michel warf den USA fehlende Transparenz und Loyalität gegenüber ihren transatlantischen Partnern vor.