Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Die Kufen-profis der Eishockeystars
Mit einer besonderen Technik verbessern drei Ratinger die Spieler auf dem Eis und haben damit eine Marktlücke aufgetan. Selbst Nhl-akteure sind überrascht, wie sehr das Profilieren ihr Laufen verändert.
RATINGEN Wenn die Eishockey-profis in der Nordamerikanischen Hockey-liga (NHL) oder in der Deutschen Eishockey-liga (DEL) über das Eis flitzen, dann ist alles auf das perfekte Spiel ausgerichtet – auch das Material. Davon dürften die meisten ausgehen in Zeiten, da im Profisport Material und Sportgeräte immer weiterentwickelt werden, nichts dem Zufall überlassen wird.
Doch bei den Kufen der Eishockey-profis ist die Individualisierung und Perfektionierung noch nicht ausgereizt, sagen die Gründer von Ase-hockey. Die drei Ratinger Thomas und Christian Müller sowie Christoph Köster haben 2017 den Schlittschuhverleih und den Eishockey-shop in der Eissporthalle Am Sandbach übernommen. Inzwischen bearbeiten sie im Ratinger Eisstadion die Kufen zahlreicher Del-profis und Nationalspieler.
Dass Spieler wie der ehemalige Nhl-profi Korbinian Holzer, Moritz Seider oder Moritz Müller auf Kufen von ASE unterwegs sind, hat einen einfachen Grund: Die Ratinger Schlittschuhprofis schleifen die Kufen nicht einfach nur, sie machen ein Profiling. Heißt: Während beim Schliff über die Schlifftiefe für entweder mehr Gleitfähigkeit oder mehr Grip gesorgt wird, die Möglichkeiten aber begrenzt sind, verändert man beim Profilieren die Form der Kufen. „Mit dem klassischen Schleifen hat das, was wir machen, nichts zu tun“, sagt Christian Müller. „Beim Profiling können wir zum Beispiel die Auflagefläche oder Neigung der Kufen nahezu beliebig verändern. So können wir die Kufen ganz individuell für jeden Spieler anpassen“, sagt er.
Das verschaffe den Spielern nicht nur einen Vorteil gegenüber den Gegnern, weil sie schneller würden, die Skating-manöver besser ausführen könnten oder stabiler auf dem Eis stehen würden, sondern sei auch für die Gesundheit und Effizienz wichtig. „Dass die Profis nicht längst alle mit Kufen spielen, die auf ihre Haltung und ihren Spielstil genau abgestimmt sind, war für uns unglaublich“, sagt der Ratinger.
Als sie sich als neue Betreiber des Schlittschuhverleihs in die Materie des Kufenschleifens einarbeiteten, seien sie auf das Profiling gestoßen, das vor vielen Jahren in Schweden entwickelt wurde. Ein Betreuer der Düsseldorfer EG gab ihnen damals Tipps. „Er kannte sich mit Profiling aus und hat mir meine ersten profilierten Kufen gemacht“, sagt Christian Müller. „Wir sind davon ausgegangen, dass jeder Eishockey-profi in seinem Verein dieses Angebot hat. Unser Plan war also: Wir machen euch die Kufen so, wie die Profis sie haben“, sagt der Unternehmer.
Doch es kam anders. Schnell mussten sie feststellen, dass kaum jemand etwas mit dem anfangen konnte, was sie da an den Kufen machten. Sie bereiteten Testkufen vor, doch das Angebot kam nicht an. „Wir bekamen immer wieder zuhören:,das brauche ich nicht, es ging doch bisher auch gut` oder ,Wenn es so gut wäre, würden es ja alle machen`“, erinnert sich Christian Müller. Das war vor drei Jahren. Inzwischen müssen sie ihre Kunden in Workshops einteilen, weil es zu viele sind, um mal eben zwischendurch eine Laufanalyse auf dem Eis zu machen. „Wir schauen uns für die Analyse und Diagnostik einige Zeit die Bewegungen, den Laufstil und verschiedene Manöver auf dem Eis an. Probieren dann auch ein paar vorgefertigte Kufen mit gängigen Profilen aus, damit die Kunden ein Gefühl bekommen, was bei ihnen besser funktioniert, was nicht“, sagt Müller.
Zu verdanken haben sie das einem Zufall und ihrem Geschäftssinn. Anfang des Jahres 2020 bat sie
ein Freund, der beim Deutschen Eishockey-bund arbeitet, als Betreuer bei einem Videodreh der Nationalmannschaft in Köln zu helfen. Und weil sie wissen wollten, was Profis von ihrem Angebot halten, packten sie ein paar Testkufen ein, drückten sie Moritz Seider, Tim Stützle und Co. in die Hand und erklärten, was das Besondere ist. Denn auch die waren mit der Technik nicht vertraut. „Wir saßen keine zwei Minute im Auto, da haben sich die ersten Spieler gemeldet, dass sie ein eigenes Profiling wollen.“Korbinian Holzer lässt sich von ASE zitieren, Moritz Müller spricht davon, dass die auf ihn angepassten Kufen ihn noch mal auf ein neues Level gebracht hätten. Aus nahezu der ganzen Liga kämen Spieler zu ihnen. „So hat dann das Pilgern nach Ratingen begonnen. Profis, Nachwuchsspieler und auch Hobbyspieler aus anderen Städten kommen zu uns aufs Eis für ihr Profiling. Einfach, weil sie das Optimum rausholen wollen“, sagt Christian Müller. Die Stadt Ratingen und Gerd Bayer würden sie dankenswerter Weise unterstützen.
In einigen Jahren wird sich das Profiling in der Szene durchgesetzt haben, sind sich die Müller-brüder sicher. „Das reine Handwerk an den Kufen ist vielleicht leicht kopierbar, wenn man die Maschinen kennt und der Kunde sein Profil“, sagt Christian Müller. Das entscheidende aber sei die Laufanalyse und Beratung. Dafür brauche es Gefühl fürs Eishockey und die Spieler.