Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Ostgleis der Kreisbahn wird reaktiviert
Die Pläne des Kreises Wesel, die jahrzehntelang ungenutzte Güterzugstrecke entlang des Wesel-datteln-kanals von Friedrichsfeld bis ins Gewerbegebiet Bucholtwelmen wieder zu nutzen, stößt bei Betroffenen auf Widerstand.
VOERDEWAS da auf sie zukommt, erfüllt Elke und Ingo Mette mit großer Sorge. Die Eheleute wohnen seit über 25 Jahren an der Straße Am Franzosenfriedhof in Friedrichfeld, dort ist auch ihr Dachdeckerbetrieb Mette & Börzel angesiedelt. Das dazugehörige Grundstück, über das das Ostgleis der Kreisbahn führt, liegt in unmittelbarer Nähe des Wesel-datteln-kanals. Nun soll die alte Zugstrecke, die seit vielen Jahren außer Betrieb ist, reaktiviert werden. Bereits im nächsten Jahr könnten dort wieder Güterzüge verkehren. Nicht nur die Eheleute Mette befürchten, dass Umwelt- und Naturschutz auf der Strecke bleiben. „Leidtragende werden die Anwohner und Grundstückseigentümer sein“, ist Elke Mette überzeugt. Sie rechnet mit Lärm, Erschütterungen und Umweltbelastungen durch die Dieselloks, die auf der Strecke verkehren werden. Befürchtet wird, dass dort bis 500 Meter lange Güterzüge herfahren werden.
Für Ingo Mette ist es schon jetzt klar, dass die Natur nach Wiederinbetriebnahme der Oststrecke leiden wird. So geht er davon aus, dass Pestizide eingesetzt werden, um die Gleise von Bewuchs freizuhalten. Ob die Zauneidechsen, die jetzt in der Nähe der Gleisanlagen anzutreffen seien, dort heimisch bleiben, wenn die Güterzüge demnächst auf dem Streckenabschnitt fahren, wagt er zu bezweifeln. Vom Kreis Wesel, der die Strecke wieder in Betrieb nehmen will, fühlt sich das Ehepaar Mette nicht ausreichend informiert. Es hat sogar den Eindruck, dass mit Informationen hinter dem Berg gehalten werde, die Planungen am Bürger vorbei betrieben würden.
Verärgert über das, was sich momentan im Zuge der geplanten Strecken-reaktivierung abspielt, ist ein Mülheimer Unternehmer, der ein großes Grundstück Am Franzosenfriedhof verwaltet. Er beklagt, dass dort eine Roteiche ohne Erlaubnis gefällt wurde und im Bereich des Bahnübergangs Zäune gesetzt worden seien, ebenfalls ohne Zustimmung der Eigentümer. Teile der Gitterzaunanlage und die dazugehörigen Pfosten liegen im Gleisbett.
Die betroffenen Grundstückseigentümer gehen nicht davon aus, die Umsetzung der Reaktivierungspläne verhindern zu können, denn für ihre jeweiligen Grundstücke ist für den Gleisbereich eine unbegrenzte Dienstbarkeit im Grundbuch eingetragen. Der Kreis hat also das Recht, diese Dienstbarkeit in Anspruch zu nehmen.
„Bei der Reaktivierung wird unter anderem das geltende Umweltrecht beachtet, dessen Einhaltung in dafür gegebenenfalls erforderlichen Genehmigungsverfahren berücksichtigt wird. Für die Nutzung der Strecke werden nur zugelassene Mittel und Fahrzeuge eingesetzt. Die Einsätze werden durch die jeweils zuständigen Behörden genehmigt“, sagt der Kreis auf Nachfrage der RP zu der Kritik von Betroffenen an der bisherigen Informationspolitik, dem Fällen von Bäumen, dem Einsatz von Dieselloks und Pestiziden. Die Eigentümer seien im Februar 2021 über die Planungen informiert worden. Inzwischen hätten sich aus den Planungen konkrete Maßnahmen ergeben, die zur Umsetzung anstehen würden. „Die Strecke wird aus Transportgünden reaktiviert, um Unternehmen im Industrie- und Gewerbepark anzuschließen und dadurch Lkw-verkehre zu vermindern und Gütertransporte umweltschonender über die Schiene abwickeln zu können“, so der Kreis weiter. Nach Abschluss der Reaktivierung, voraussichtlich Ende des ersten Quartals 2022, sollen Güterzüge auf der Strecke fahren. Wie viele, zu welchen Zeiten und an wie vielen Tagen, hänge von Angebot und Nachfrage der zu transportierenden Güter ab. „Sowohl die Zuglänge, die eine Länge von 500 Metern erreichen kann, als auch die Geschwindigkeit, die bei 15 Stundenkilometer liegen wird, orientieren sich an den dafür vorliegenden Genehmigungen.“Und weiter: „Die Auswirkung besteht im Wesentlichen in dem infolge der Reaktivierung stattfindenden Bahnverkehr, der eine Beachtung und Einhaltung der damit verbundenen eisenbahnrechlichen Vorschriften mit sich bringt.“Neben einer kontinuierlichen „Information an die unmittelbar betroffenen Grundstückeigentümer“sei eine Information der Bevölkerung in Form einer Pressemitteilung im Zuge des Baubeginns beabsichtigt.