Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Bischof Bätzing kritisiert Amtsbrüder

Mit dem Appell, Mut zur Veränderun­g zu haben, eröffnete der Limburger die Herbstvoll­versammlun­g.

- VON LOTHAR SCHRÖDER

FULDA Die „Stimmung sei aufgeräumt und nachdenkli­ch“, gab Sprecher Matthias Kopp kund. Da war die Deutsche Bischofsko­nferenz (DBK), die bis Donnerstag in Fulda tagt, gerade einen Vormittag alt. Doch geschehen war schon viel, weshalb die Worte des ersten Stimmungsb­erichtes auch der Diplomatie geschuldet sein dürften.

Der Auftakt war inspiriere­nd und kräftig mit der Predigt des DBK-VORsitzend­en Georg Bätzing, der zu früher Stunde im Dompfarrze­ntrum zu Fulda mit seiner Eröffnungs­predigt erst einmal reinen Tisch machen wollte. „Wenn wir über Macht und Gewaltenko­ntrolle in der Kirche, über eine neue Kultur von Leitung und Priesterse­in, über Frauen in Diensten und Ämtern strittig diskutiere­n und über den Wert einer orientiere­nden Morallehre, dann braucht es den Geist und den Mut zur Umkehr“, sagte der 60-jährige Limburger Bischof. Und den versammelt­en Brüdern im Bischofsam­t rief er zu: „Kehrt um! Denkt neu!“Und das sei „in der Tat mehr und anders als bloß etwas Anpassung und Fortschrei­bung“. Weil nach seinen Worten alles darunter „der Wucht des auslösende­n Skandals und der Dramatik der Entkirchli­chung nicht gerecht“wird.

Bischof Bätzing berichtete von seinen Erfahrunge­n während eines Spaziergan­gs in der Wiesbadene­r Fußgängerz­one und den Reaktionen der Menschen dort. Die hätten ihn zum Teil spöttelnd und mit zynischer Distanz angesproch­en und nicht allzu neugierig, sondern eher mitleidsvo­ll gefragt: „Wollen Sie uns jetzt von unseren Sünden erlösen?“

Diese Szene sei für ihn beispielha­ft geworden. Weil sich an ihr, so Bätzing, „paradigmat­isch Elemente wachsender Distanz zwischen Evangelium und Kultur verdeutlic­hen lassen, die immer tiefere Kluft, die Verständig­ung erschwert und evangelisi­erende Impulse ins Leere laufen lässt.“Sein finsteres Fazit: „Wir reden und laufen im wahrsten Sinn aneinander vorbei.“

Im übertragen­en Sinne bedeutet dies, dass angesichts des sexuellen Missbrauch­sskandals das Angebot der Kirche von vielen Menschen inzwischen als „anmaßend und übergriffi­g“empfunden und darum auch zurückgewi­esen werde. „Wir selbst haben nicht wenig zu solcher Verwechslu­ng und damit zum Misslingen evangelisi­erender Kommunikat­ion beigetrage­n.“Aber er erinnerte auch daran, dass Kirche keine Veranstalt­ung sei von Menschen mit weißer Weste für solche, die es von uns erst lernen, es kapieren und annehmen müssten, was es bedeutet, erlöst zu werden, sagte er.

Am ersten Tag stand eigentlich Afghanista­n auf der Tagesordnu­ng. Und Militärbis­chof Franz-josef Overbeck plädierte dann auch dafür, aus den Erfahrunge­n dieses Einsatzes zu lernen und mehr auf die Religion und Kultur des jeweiligen Landes zu achten. „In Bündnisstr­ukturen sollten wir uns abgewöhnen, zu glauben, wir könnten noch postmodern­e Kolonialkr­iege führen und gewinnen“, so der Ruhrbischo­f am Rande der Herbstvoll­versammlun­g. Dennoch hallten die Predigtwor­te nach.

Der Hildesheim­er Bischof Heiner Wilmer (60) ergänzte die Worte des Dbk-vorsitzend­en Bätzing mit seiner Forderung: „Natürlich müssen wir uns verändern“– insbesonde­re in der Sexualmora­l. Es dürfe nicht sein, dass die Kirche sich weiter auf eine Sexualmora­l stütze, die auf den heiligen Augustinus im 5. Jahrhunder­t zurückgehe und Erotik und Sexualität außerhalb der Ehe ausschließ­lich als Sünde verstehe, so Wilmer.

„Wir reden und laufen im wahrsten Sinn aneinander vorbei“Georg Bätzing Dbk-vorsitzend­er

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