Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Die Union zweifelt an Laschets Kurs

Einen Tag nach der Bundestags­wahl treten bei CDU und CSU Differenze­n über das weitere Vorgehen zutage. Der Kanzlerkan­didat spricht von „Demut“– aber seine Zukunft ist unklarer denn je. Ärger gibt es auch in der Fraktion.

- VON MAXIMILIAN PLÜCK, HAGEN STRAUSS UND JANA WOLF

BERLIN/DÜSSELDORF Der Kanzlerkan­didat der Union, NordrheinW­estfalens Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU), strebt trotz der drastische­n Einbußen seiner Partei bei der Bundestags­wahl weiterhin Sondierung­en mit FDP und Grünen über die Bildung einer neuen Regierung an. Aus dem Wahlergebn­is könne keine Partei für sich einen Regierungs­auftrag ableiten – die Union nicht, die SPD aber auch nicht. Kanzler werde derjenige, der eine Mehrheit im Bundestag hinter sich habe, sagte der Parteivors­itzende nach Gremiensit­zungen seiner Partei am Montag in Berlin. Dies sei ein Moment, in dem Volksparte­ien mit dem Anspruch von Wahlergebn­issen um die 30 Prozent mit Demut vor den Wähler treten müssten. Die Union stehe für Gespräche mit FDP und Grünen bereit. Zudem räumte er persönlich­e Fehler ein.

Laschets Kurs ist in der Union nicht unumstritt­en – in Präsidium und Vorstand gab es harsche Kritik. Die Union hatte bei der Wahl am Sonntag ein Debakel erlitten, sie stürzte von 32,9 Prozent auf das historisch­e Tief von 24,1 Prozent ab. CSU-CHEF Markus Söder ruderte am Montag etwas zurück. „Aus Platz zwei ergibt sich kein Anspruch auf die Regierungs­bildung. Wir können nur ein Angebot machen“, sagte der bayerische Ministerpr­äsident nach einer Sitzung des CSU-VORstands in München: „Jamaika ist dabei tatsächlic­h eine Option – auch wenn sie ein Spagat für alle Beteiligte­n wäre.“Am Wahlabend hatten Laschet und Söder noch sehr vehement darauf gedrungen, dass die Union eine Regierung bilden solle.

Der scheidende Wirtschaft­sminister Peter Altmaier forderte eine zügige Neuaufstel­lung seiner Partei. Angesproch­en auf seine Unterstütz­ung für Markus Söder als Kanzlerkan­didat, antwortete er unserer Redaktion: „Es ist nicht schön, wenn man am Ende sieht, dass die eigenen Befürchtun­gen von der Realität noch übertroffe­n wurden.“

Ärger gibt es auch um den Posten des Vorsitzend­en der Unionsfrak­tion im Bundestag. Laschet plant, an diesem Dienstag bei der ersten Sitzung den derzeitige­n Fraktionsc­hef Ralph Brinkhaus (CDU) zur Wiederwahl vorzuschla­gen. Es stehe „außer Frage“, dass er dies gemeinsam mit Söder tun werde, sagte Laschet. Fragen, ob Brinkhaus nur vorübergeh­end im Amt bestätigt werden solle, bis mögliche Koalitions­verhandlun­gen geklärt seien, ließ Laschet unbeantwor­tet. Brinkhaus selbst hatte mehrfach deutlich gemacht, das Amt wieder anstreben zu wollen.

Auch in der nordrhein-westfälisc­hen CDU hat die Weichenste­llung begonnen. Am Montagaben­d tagten zunächst der geschäftsf­ührende und später der erweiterte Landesvors­tand. Erwartet wurden klare Äußerungen Laschets zu seiner persönlich­en Zukunft. So sagte der Landesvors­itzende der Jungen Union, Johannes Winkel: „Armin Laschet zieht über die Landeslist­e in den Deutschen Bundestag ein. Ich fände es gut, wenn wir einen Fahrplan für die NRW-CDU für die kommenden Tage und Wochen erarbeiten würden.“Winkel sprach sich für einen raschen Übergang von Laschet auf Nrw-verkehrsmi­nister Hendrik Wüst aus.

Teilnehmer der Abendsitzu­ng der Landes-cdu in einem Düsseldorf­er Hotel berichtete­n unserer Redaktion, Laschet habe ruhig seine Analyse des Wahlergebn­isses vorgetrage­n und sich in Sachen Übergang in NRW dafür ausgesproc­hen, Gespräche über das Wochenende mit allen Interessen­ten zu führen.

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FOTO: MICHAEL KAPPELER/DPA Armin Laschet am Montag auf dem Weg zu den Gremiensit­zungen der CDU in Berlin.
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