Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Enteignung ist der falsche Weg
Eine Volksabstimmung ist noch kein Gesetz. Deshalb sollten all jene, die das positive Votum von Berliner Bürgern für eine Teilenteignung der großen Wohnungskonzerne bejubeln, sich nicht zu früh freuen. Nach der Bundestagswahl gibt es in der Hauptstadt aller Voraussicht nach eine Regierende Bürgermeisterin, die sich klar gegen Enteignung ausgesprochen hat. Selbst bei einer Fortführung der rot-grün-roten Koalition wäre ein solches Gesetz fraglich, weil es auch bei den Grünen nur die Ultima Ratio wäre.
Abseits einer solchen politischen Einschätzung wäre eine Enteignung ökonomisch fahrlässig. Sie würde keinen Quadratmeter mehr Wohnraum schaffen, sondern private Investoren vergrätzen. Es stimmt, dass die Mieten deutlich gestiegen sind; es ist richtig, dass manche Familie kaum noch bezahlbaren Wohnraum findet. Aber das den privaten Vermietern allein zuzuschreiben, ist falsch. In Berlin ist der Zuzug groß, die Nachfrage gewaltig. Wenn sich Genehmigungsverfahren zu lange hinziehen, wird der Druck immer größer. Ein Punkt, den die Initiatoren des Volksbegehrens offenbar ausgeblendet haben, ebenso wie die Tatsache, dass der Steuerzahler bluten soll. Woher sollen die bis zu 36 Milliarden Euro für die Entschädigung kommen? Und was passiert in einem jahrelangen Streit, der sich bis zum Bundesverfassungsgericht ziehen würde und bei dem Investitionen ausbleiben könnten?
Den Mietern in den Wohnungen, die zur Vergemeinschaftung anstehen, würde eine Enteignung helfen. Allen anderen würden die Befürworter der Enteignung einen Bärendienst erweisen. Sie ist falsch. Was hilft: Alle müssen in Berlin an einen Tisch und gemeinsam eine Lösung finden. Das wäre gelebte Demokratie. BERICHT BERLINER STIMMEN FÜR ENTEIGNUNG, WIRTSCHAFT