Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Historischer Erfolg für die Grünen im Westen
ANALYSE Die Partei erringt erstmals gleich vier Direktmandate. Die SPD erobert sich die meisten Wahlkreise im Ruhrgebiet zurück. Dass CDU und FDP in NRW regieren, hat den beiden Parteien bei der Bundestagswahl nicht viel Rückenwind gegeben.
DÜSSELDORF In vier Großstädten konnten die Grünen bei der Bundestagswahl erstmals in der Geschichte Nordrhein-westfalens Wahlkreise direkt gewinnen. Bisher war dies nur Kandidaten von SPD und CDU gelungen, wie aus dem vorläufigen amtlichen Endergebnis des Innenministeriums hervorgeht. So schaffte der grüne Spitzenkandidat Oliver Krischer ausgerechnet in Armin Laschets Heimatstadt Aachen den Direkteinzug in den Bundestag. Er schlug einen prominenten CDUKandidaten, den langjährigen Vorsitzenden der Ärztegewerkschaft Marburger Bund und amtierenden Ärztepräsidenten von Nordrhein, Rudolf Henke. In Köln erzielte Sven Lehmann für die Grünen das Direktmandat, in Bonn Katrin Uhlig, in Münster Maria Klein-schmeink.
Unterm Strich gelingt es den Grünen, ihr Ergebnis gegenüber der Wahl von 2017 mehr als zu verdoppeln, auch wenn sie hinter ihren ursprünglichen Erwartungen zurückblieben. Mit 16,1 Prozent landeten die Nrw-grünen über dem Ergebnis im Bund, wo laut Bundeswahlleiter 14,8 Prozent verzeichnet wurden. Insgesamt schaffen es damit 28 Politiker aus Nordrhein-westfalen mit grünem Parteibuch in den nächsten Bundestag, darunter wie geplant auch der Co-landesvorsitzende Felix Banaszak, der auf Platz sechs der Liste stand.
Die Cdu-/fdp-landesregierung in NRW konnte bei der Bundestagswahl ihren Parteien hingegen nicht viel Rückenwind geben. Sowohl CDU als auch FDP schnitten in NRW schlechter ab als bei der letzten Landtagswahl 2017. Mit 26 Prozent erreichte die CDU jetzt in NRW bei der Bundestagswahl immerhin ein etwas besseres Ergebnis als im Bund mit 24,1 Prozent.
Die FDP wählten laut vorläufigem amtlichen Endergebnis bei der Bundestagswahl 2021 in NRW 11,4 Prozent und damit in etwa so viele Bürger wie im Bund. Gegenüber der vergangenen Landtagswahl verlor die Partei damit 1,2 Prozentpunkte.
Der stellvertretende Nrw-ministerpräsident Joachim Stamp kommentierte das Bundestagswahlergebnis gegenüber unserer Redaktion so: „Es ist eines der besten Ergebnisse in der Geschichte der FDP.“Ähnlich hatte sich auch tags zuvor Parteichef Christian Lindner geäußert und hinzugefügt, zum ersten Mal sei die FDP bei zwei aufeinanderfolgenden Bundestagswahlen zweistellig geworden.
Bei der Union gelang elf Kandidaten, darunter CDU-CHEF Armin Laschet und Nrw-integrationsstaatssekretärin Serap Güler, der Einzug über die Landesliste. 30 Kandidaten eroberten ihren Wahlkreis direkt – genauso viele wie bei der SPD. Für die Sozialdemokraten ziehen aus NRW zusätzlich 19 Kandidaten über die Landesliste in den Bundestag ein. Damit wächst die Zahl der SPD-ABgeordneten aus Nordrhein-westfalen um neun. Bei der CDU verkleinert sich die Nrw-landesgruppe trotz der starken Verluste aufgrund des komplizierten Wahlrechts mit Ausgleichs- und Überhangmandaten gerade einmal um einen Sitz auf 41 Abgeordnete.
Die SPD schnitt in NRW bei der Bundestagswahl ebenfalls schlechter ab als noch bei der Landtagswahl. Mit 29 Prozent lag die Partei bei dieser Bundestagswahl aber um gut drei Prozentpunkte über dem Bundesschnitt. Fast alle Wahlkreise im Ruhrgebiet gingen an Spd-kandidaten. „Für die nächste Landtagswahl im Mai gibt das Ergebnis der SPD Anlass zur Hoffnung. Aber man ist immer schlecht beraten zu glauben, ein solches Bundesergebnis wäre eins zu eins übertragbar“, sagte Jochen Ott, Fraktionsvize der Sozialdemokraten im Landtag, unserer Redaktion.
Für die nächste Landtagswahl im kommenden Mai ließen sich aus dem Wahlerfolg Lehren ziehen: „Die drei wesentlichen Erfolgsfaktoren für die SPD im Bund waren die große Geschlossenheit der SPD, der starke Kanzlerkandidat und die klare Fokussierung auf Themen wie Wohnungsnot, Mindestlohn und Rente“, so Ott. Ähnlich äußerte sich die parlamentarische Geschäftsführerin Sarah Philipp gegenüber unserer Redaktion: „Die Bundestagswahl wird auch uns in Nordrhein-westfalen Rückenwind geben, aber es gibt keinen Grund, jetzt in Über-euphorie zu verfallen“, sagte sie.