Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Mit dem SSW zieht eine achte Partei ins Parlament ein
FLENSBURG (epd) Der Südschleswigsche Wählerverband (SSW) zieht nach derzeitigem Stand mit einem Mandat in den neuen Bundestag ein. Der Flensburger Stefan Seidler (41) will die Interessen der dänischen Minderheit künftig als fraktionsloser Abgeordneter in Berlin vertreten. Den meisten Bürgern der Republik wird die Partei mit ihren 3600 Mitgliedern kaum ein Begriff sein. Im schleswig-holsteinischen Landtag und in vielen Kommunalparlamenten im Norden ist der SSW dagegen seit 1947 fest etabliert. Als Partei der dänischen Minderheit gilt für ihn nicht die Fünf-prozent-hürde.
Gegründet wurde der SSW 1948 auf Anordnung der britischen Militärregierung als politische Interessenvertretung der dänischen Minderheit im Landesteil Schleswig und der nationalen Friesen in Nordfriesland. Politisch ordnet er sich zwischen CDU und SPD ein und steht für eine dezentrale Politik, wie Skandinavien sie praktiziert. Im aktuellen Kieler Landtag ist der SSW mit drei Abgeordneten vertreten.
Die 1950 eingeführte Fünf-prozent-klausel galt zunächst auch für den SSW. In Verbindung mit der BonnKopenhagener-erklärung von 1955, die den Minderheitenschutz auf beiden Seiten der deutsch-dänischen Grenze festschrieb, wurde der SSW jedoch von der Klausel befreit. Von 2012 bis 2017 beteiligte sich der SSW bislang ein einziges Mal an einer Landesregierung in SchleswigHolstein: Er regierte mit SPD und Grünen als sogenannte „DänenAmpel“unter Ministerpräsident Torsten Albig (SPD). Die rot-grünblaue Koalition besaß im Kieler Landtag nur eine Stimme Mehrheit. Im Regierungskabinett war der SSW mit Anke Spoorendonk als Ministerin für Justiz, Kultur und Europa vertreten. Zugleich war Spoorendonk Albigs Zweite Stellvertreterin. In den Bundestag hat der Wählerverband es nun zum zweiten Mal geschafft. Im Jahr 1949 gelang Hermann Clausen als bislang einzigem Abgeordneten für eine Legislaturperiode der Einzug ins Parlament. 1961 beschloss die Partei, an Bundestagswahlen nicht mehr teilzunehmen. Ein Parteitag im Herbst 2020 stimmte dann wieder für eine Teilnahme an der Bundestagswahl 2021.