Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Regierung als Weihnachtswunsch
Die Grünen-spitze hofft auf eine Koalitionsbildung noch in diesem Jahr.
BERLIN (hom) Sie lächeln, auch wenn an diesem Tag vielleicht nicht alles perfekt ist: An Tag eins nach der Wahl sind Annalena Baerbock und Robert Habeck in die Bundespressekonferenz gekommen und sprechen über ihre Pläne. Sie wollen reden, mit der FDP. Und die Liberalen mit den Grünen. Freude ja, aber „wir sind nicht da, wo wir hinwollten“, hatte Habeck noch am Abend gesagt. Selten haben sich Grüne so nüchtern über einen Wahlausgang gefreut, der ihnen das beste Resultat der Parteigeschichte gebracht hat.
Habeck könnte die neue starke Figur der Grünen bei den anstehenden Sondierungs- und Koalitionsgesprächen werden. Er hat seinen Wahlkreis Flensburg-schleswig gewonnen und zieht direkt in den Bundestag ein. Baerbock wiederum ist auch in ihrem Potsdamer Wahlkreis hinter den Erwartungen geblieben, wo sie im Direktduell gegen Spd-kanzlerkandidat Olaf Scholz deutlich unterlag.
Wer wird Vizekanzlerin oder Vizekanzler – Baerbock oder Habeck? Habeck: „Gehen Sie davon aus, dass wir komplett sortiert sind.“Baerbock: „So wie wir hier sitzen.“Nur was es genau bedeutet, wenn sie schon sortiert seien, wollen sie nicht sagen. Ebenso wenig wollen sie eine Antwort auf die Frage geben, wann sie erste Gespräche – die FDP spricht von „Vorsondierungen“– mit Lindner führen werden. So wie 2017 bei den Jamaika-verhandlungen, als ganze Wortprotokolle über den Gesprächsverlauf an die Öffentlichkeit geraten waren, werde dieses Mal jedenfalls nicht sondiert.
„Es geht ja nicht nur darum, den kleinsten gemeinsamen Nenner zu finden“, sondern eben einen echten Aufbruch, sagt Baerbock über nächste Gespräche für eine Regierungsbildung. Habeck macht deutlich, dass sowohl eine Ampelkoalition aus SPD, FDP und Grünen als auch ein Jamaika-bündnis aus Union, FDP und Grünen eine eigene Idee aus sich selbst heraus entwickeln müsse. Eine Ampel sei eben „nicht RotGrün und ein bisschen gelber Kitt“. Ebenso sehe es bei Jamaika aus, wo die Grünen nicht einfach nur die Zugabe seien.
Ihr Verhältnis zu FDP-CHEF Lindner? Baerbock: „So wie zu allen.“Und das wiederum ist wie? „Friedlich, nett, offen, charmant, manchmal auch hart.“Die beiden Parteichefs wollen die Verhandlungen gemeinsam führen. „Das weiß auch Herr Lindner, das weiß auch Herr Scholz, das weiß auch Herr Laschet.“Womöglich in dieser Reihenfolge sondieren die Grünen. Und auch wenn die Ampel von SPD, Grünen und FDP die „naheliegendste Option“sei, „heißt das aber nicht, dass wir nicht mit der Union reden werden“, so Habeck. Bis wann soll Klarheit herrschen, wer Deutschland künftig regiert? Habeck: „Weihnachten. Weihnachten sollte die Regierung stehen.“